Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit soll erleichtert werden

Die Bundesregierung will den Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit erleichtern und zugleich einen Anreiz zur schnellen Integration schaffen. Über den entsprechenden Gesetzentwurf zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (20/9044) entscheidet der Bundestag am Freitag, 19. Januar 2024, nach gut 40-minütiger Aussprache. Die Abstimmung erfolgt auf der Grundlage einer Beschlussempfehlung des Innenausschusses (20/10093). Außerdem legen die Abgeordneten Gökay Akbulut und Martina Renner zu dem Gesetzentwurf einen Änderungsantrag (20/10095) zur Abstimmung vor. Abstimmen wollen die Abgeordneten auch über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Den Wert der deutschen Staatsangehörigkeit bewahren“ (20/9764). Der Antrag fordert den Verzicht auf die geplante Novelle des Staatsangehörigkeitsrechts. Gesetzentwurf der Bundesregierung Vorgesehen ist, bei Einbürgerungen künftig Mehrstaatigkeit generell hinzunehmen. Zugleich soll eine Einbürgerung in der Regel bereits nach einem Aufenthalt von fünf statt bisher acht Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen auch schon nach drei Jahren. Auch die für den automatischen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit eines Kindes ausländischer Eltern durch Geburt im Inland erforderliche Aufenthaltsdauer eines Elternteils in der Bundesrepublik soll von acht auf fünf Jahre verkürzt werden und die bisherige Optionsregelung vollständig entfallen. Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung Beim Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes als einer Voraussetzung für eine Einbürgerung soll dem Entwurf zufolge gesetzlich klargestellt werden, dass „antisemitisch, rassistisch oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen“ mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind und gegen dessen freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßen. Mit dem Gesetzentwurf soll auch gewährleistet werden, dass die Staatsangehörigkeitsbehörden durch die Staatsanwaltschaften sicher von strafrechtlichen Verurteilungen erfahren, denen antisemitische, rassistische oder sonstige menschenverachtende Beweggründe zugrunde liegen. Hinderungsgründe für eine Einbürgerung Ausgeschlossen sein soll eine Einbürgerung auch im Fall einer Mehrehe oder wenn jemand durch sein Verhalten zeigt, dass er die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau missachtet. Bei der Sicherheitsabfrage ist eine Erweiterung des Kreises der zu beteiligenden Sicherheitsbehörden vorgesehen. Bei der Anspruchseinbürgerung gilt laut Vorlage mit Ausnahme bestimmter Fälle, dass der Lebensunterhalt für sich selbst und die unterhaltspflichtigen Angehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialhilfe (SGB XII) oder Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bestritten werden muss. Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer Ausnahmen davon sollen für Personen gelten, die in den vergangenen zwei Jahren mindestens 20 Monate in Vollzeit erwerbstätig waren, für Menschen, die mit einer in Vollzeit tätigen Person sowie einem Kind in familiärer Gemeinschaft leben sowie für die sogenannten Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer, die bis 1974 in die Bundesrepublik beziehungsweise bis 1990 in die ehemalige DDR eingereist sind. Gast- und Vertragsarbeiter müssen dem Entwurf zufolge zudem keinen Einbürgerungstest absolvieren und lediglich mündliche deutsche Sprachkenntnisse nachweisen. Stellungnahme des Bundesrates Der Bundesrat unterbreitet in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf eine Reihe von Änderungsvorschlägen. So plädiert er unter anderem für eine ausdrückliche Klarstellung, dass auch „geschlechtsspezifische oder gegen die sexuelle Orientierung gerichtete“ Handlungen mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind. Dem stimmt die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zu und empfiehlt, diese Unvereinbarkeit für „antisemitisch, rassistisch, gegen das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung gerichtete oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen“ festzuschreiben. Antrag der Union Die CDU/CSU-Fraktion dringt auf einen Verzicht der von der Bundesregierung geplanten Änderungen des Staatsangehörigkeitsrechts. Diese seien „grundlegend falsch“, schreibt die Fraktion in ihrem Antrag (20/9764), in dem sie die Bundesregierung auffordert, ihren Gesetzentwurf zum Staatsangehörigkeitsrecht (20/9044) zurückzuziehen. Dieser Entwurf, der insbesondere eine Halbierung der Einbürgerungsfristen, die generelle Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit und die Streichung der Einbürgerungsvoraussetzung einer „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ enthalte, ignoriere „die Migrationskrise und Integrationsprobleme“, kritisiert die Fraktion. Stattdessen solle die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, „der das Staatsangehörigkeitsrecht behutsam und an der Realität ausgerichtet weiterentwickelt“, heißt es in dem Antrag weiter. Dabei soll nach dem Willen der CDU/CSU eine Einbürgerung künftig nur noch möglich sein, „wenn der Ausländer in den vorangegangenen 24 Monaten ununterbrochen erwerbstätig war und zum Zeitpunkt der Einbürgerung eine angemessene Altersversorgung nachweislich zu erwarten ist“. Auch will die Fraktion die Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit unter anderem von dem ausdrücklichen Bekenntnis zum Existenzrecht Israels abhängig machen. Zudem soll nach ihrem Willen künftig jeder Einbürgerungsbewerber vor Übergabe der Einbürgerungsurkunde geloben, dass er „das Grundgesetz und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland achten und alles unterlassen werde, was ihr schaden könnte“. (ste/sto/17.01.2024)