Debatte über Anträge zur Hochschulpolitik

Drei Anträge der AfD-Fraktion zur Hochschulpolitik berät das Parlament am Donnerstag, 4. Juli 2024. Im Anschluss an die knapp 70-minütige Debatte soll sowohl der Antrag mit dem Titel „Einer Ideologisierung der Hochschulbildung konsequent entgegentreten – Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder neu ausrichten“ (20/12090) wie auch der Antrag mit der Forderung nach „Einführung eines Friedrich-Tenbruck-Stipendiums für Soziale Gerechtigkeit“ (20/12092) zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen werden. Der Antrag mit dem Titel „Antisemitismus an der Wurzel bekämpfen – Die Bundesmittel für das Sonderprogramm ,Globaler Süden‘ zur Aufarbeitung der postkolonialistischen Ideologie einsetzen“ (20/12091) soll hingegen im federführenden Ausschuss für Kultur und Medien weiterberaten werden. Erster Antrag der AfD Die AfD-Fraktion fordert in einem Antrag (20/12090), die Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder für die Hochschulbildung neu auszurichten. Vor allem geht es der Fraktion darum, einer „Ideologisierung der Hochschulbildung konsequent entgegenzutreten“, wie es im Titel des Antrags heißt. Aus Sicht der AfD-Fraktion schreitet die Politisierung der Hochschulbildung bereits seit den 1980er Jahren voran. Mit der Änderung des Hochschulrahmengesetzes 1985, mit dem die Hochschulen verpflichtet wurden, bestehende Nachteile für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu beseitigen, sei der Wissenschaft ein gesellschaftspolitischer Auftrag erteilt worden, der außerhalb ihres Arbeitsbereiches liege. Und weiter kritisiert der Antrag, dass „woke Ideologien“ insbesondere in den Geistes- und Sozialwissenschaften die „kulturelle Hegemonie“ übernommen hätten und die Wissenschaftsfreiheit bedrohen würden. Die Abgeordneten fordern deshalb von der Bundesregierung unter anderem, die politische Einflussnahme im Sinne der Durchsetzung gesellschaftspolitischer Anliegen wie der Förderung von Diversität oder der Förderung eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses in allen Entscheidungsschritten der Exzellenzstrategie zu reduzieren. Das Expertengremium der Exzellenzkommission soll zukünftig allein und ohne die Wissenschaftsminister des Bundes und der Länder über zu fördernde Exzellenzcluster und Universitäten entscheiden. Diversität oder die Förderung eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses soll demnach künftig keine Relevanz bei Förderentscheidungen mehr haben. Weiter fordert die Fraktion, den Exzellenzbonus künftig nach einem festen Schlüssel (zum Beispiel Forschungspreise, exzellente Nachwuchswissenschaftler) zu verteilen. Da es das erklärte Ziel der Exzellenzstrategie sei, Deutschland als Wissenschaftsstandort zu stärken und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, böten sich besonders Kriterien an, die auch in internationalen Hochschulrankings wie dem „Times Higher Education“ Anwendung finden, schreibt die Fraktion. Zweiter Antrag der AfD Die AfD-Fraktion fordert in einem Antrag (20/12092) die Einführung eines Friedrich-Tenbruck-Stipendiums für Soziale Gerechtigkeit. In dem Antrag heißt es: „Das Forschungsstipendium soll nach den deutschen Soziologen Friedrich Tenbruck (1919 bis 1994) benannt werden, der zu den schärfsten wissenschaftlichen Kritikern jener Entwicklungen in der Soziologie gehörte, die heute im Social-Justice-Diskurs kulminieren. Tenbruck beklagte mit Blick auf universalistische soziologische Theorien wie den Strukturfunktionalismus und dessen Fokus auf Sozialstrukturen, aber auch in Richtung auf die marxistisch inspirierten soziologischen Theorien die ‚Außerkurssetzung‘ von Faktoren wie Nation, Sittlichkeit, Gemeinschaft, Geschichte oder Kultur in der Soziologie, was er darauf zurückführte, dass ausschließlich die ‚Gesellschaft‘ zur ‚Matrix der Daseinsdeutung‘ gemacht werde.“ Die Abgeordneten verlangen deshalb von der Bundesregierung, mit einem Gesetzentwurf die Voraussetzungen für die Einrichtung eines Friedrich-Tenbruck-Stipendiums zu schaffen. Dieses Stipendium solle Promovenden und Habilitanden in sozialwissenschaftlichen Fächern fördern, die sich in ihrer Forschung mit dem Begriff, der Geschichte und politischen Praxis der „sozialen Gerechtigkeit“ befassen und sich dabei insbesondere kritisch mit den Social-Justice-Theorien und ihrer Entwicklung beschäftigen. Dritter Antrag der AfD Die AfD-Fraktion fordert in einem Antrag (20/12091), „Antisemitismus an der Wurzel zu bekämpfen und die Bundesmittel für das Sonderprogramm Globaler Süden zur Aufarbeitung der postkolonialistischen Ideologie einzusetzen“. Darin schreibt sie: „Das ‚Schweigen‘, mit der Teile der hiesigen Kulturszene den israelischen Opfern des Hamas-Terrors gegenüberstehen, zeigt, dass die dargelegten Narrative der postkolonialistischen Theorien mit Blick auf Israel auch in Deutschland in Teilen der Kulturszene Akzeptanz finden.“ Die Abgeordneten verlangen von der Bundesregierung unter anderem, die postkolonialistische Ideologie nicht länger zur Richtschnur ihres kulturpolitischen Handelns zu machen. Förderlinien, mit denen postkolonialistische Projekte oder Programme finanziert werden, sollen so zügig wie möglich eingestellt werden. Das Sonderprogramm „Globaler Süden“ soll in ein Sonderprogramm „Aufarbeitung der postkolonialistischen Ideologie“ umgewandelt werden. Die Bundesmittel des Sonderprogrammes „Globaler Süden“ sollen zur Finanzierung dieses Sonderprogrammes eingesetzt werden. Außerdem müsse für dieses Sonderprogramm ein Konzept entwickelt werden, „das die ideologische Bedingtheit postkolonialistischer Theorien und deren Wurzeln in marxistischen Diskursen sowie über den Zusammenhang von postkolonialistischen Theorien und Antisemitismus aufarbeitet“, heißt es in dem Antrag weiter. (che/hau/04.07.2024)