Abstimmung über die nationale Umsetzung des Digital Services Act
Der Bundestag berät zu Beginn seiner Plenarsitzung am Donnerstag, 21. März 2024, abschließend über eine Regelung zum Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten ab. Dazu liegt den Abgeordneten das Digitale-Dienste-Gesetz der Bundesregierung (20/10031, 20/10466 Nr. 5) zur Umsetzung des Digital Services Act (DSA) der EU auf nationaler Ebene zur Abstimmung vor. Der Ausschuss für Digitales hat dazu eine Beschlussempfehlung (20/10755) vorgelegt und der Haushaltsausschuss einen Bericht gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung (20/10756). Gesetzentwurf der Bundesregierung Die als Grundlage dienende DSA-Verordnung reget Sorgfaltspflichten für Online-Dienste im Kampf gegen Desinformation und Hassrede im Internet und die Durchsetzung auf EU-Ebene. Der Gesetzentwurf der Regierung konkretisiert wiederum Zuständigkeiten der Behörden in Deutschland. Zuständig für die Aufsicht der Anbieter und die Durchsetzung des DSA in Deutschland soll demnach die Bundesnetzagentur sein. Diese soll eng mit den Aufsichtsbehörden in Brüssel und anderen EU-Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten. Ergänzend sollen Sonderzuständigkeiten für die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz, für nach den medienrechtlichen Bestimmungen der Länder benannte Stellen sowie für den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit geschaffen werden. Das Gesetz soll Buß- und Zwangsgelder für Verstöße gegen den DSA regeln. Dabei werde „der vom DSA vorgegebene Spielraum für Sanktionen bei Verstößen gegen den DSA durch diesen Gesetzentwurf ausgeschöpft“, schreibt die Bundesregierung weiter. Danach können Plattformbetreiber mit bis zu sechs Prozent ihres Jahresumsatzes sanktioniert werden. Ziel des DSA ist es, ein „vertrauenswürdiges Online-Umfeld, in dem die in der EU-Grundrechtecharta verankerten Grundrechte, darunter der Verbraucherschutz, wirksam geschützt werden“ zu schaffen, heißt es im Gesetzentwurf. Dazu zähle das Entfernen von illegalen Inhalten auf Plattformen, Hassrede, aber auch gefälschten Produkten. In jedem Mitgliedstaat soll der jeweilige Koordinator für digitale Dienste auch Beschwerden von Nutzerinnen und Nutzern entgegennehmen und Zugriff auf die Daten von Online-Plattformen und Online-Suchmaschinen erhalten. Änderungen im Ausschuss Im parlamentarischen Verfahren hat der Ausschuss für Digitales unter anderem Anforderungen an die DSC-Leitung konkretisiert. Danach müsse die Leiterin oder der Leiter der Koordinierungsstelle über die „erforderliche Qualifikation, Erfahrung und Sachkunde insbesondere im Bereich der Geschäftsmodelle digitaler Dienste und Kenntnisse des Rechtsrahmens“ verfügen. Der Leiter dürfe weder einer Regierung des Bundes oder Landes angehören noch ein Unternehmen der Digitalwirtschaft innehaben, leiten oder Mitglied des Vorstandes oder Aufsichtsrates eines solchen sein, heißt es in der Vorlage weiter. Auch werden in dem Änderungsantrag Details zum Beschwerdemanagement bei der Koordinierungsstelle konkretisiert: So soll diese ein leicht zugängliches und benutzerfreundliches Beschwerdemanagement-System einrichten, das „gängige Kriterien für ein modernes Beschwerdeportal“ erfülle und getroffene Entscheidungen transparent mache, heißt es darin weiter. Auch soll es einen jährlichen Bericht der Bundesregierung, erstmals zum 30. Juni 2025, über Meldungen beim BKA geben. Darin soll die Art und Anzahl der gemeldeten Straftaten erfasst sein. Dies solle insbesondere ausgewählte Straftaten etwa gegen die sexuelle Selbstbestimmung, das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die persönliche Freiheit umfassen. Zu dem geplanten 16-köpfigen Beirat bei der Koordinierungsstelle, der diese unter anderem berät und Empfehlungen vorlegen soll, heißt es im Änderungsantrag weiter, dieser solle, um seiner Tätigkeit wirksam nachgehen zu können, Informationsansprüche gegenüber der Koordinierungsstelle erhalten. Berichte, Empfehlungen, Gutachten und Positionspapiere sollen zudem frei zugänglich veröffentlicht werden. Bundesrat fordert Länderzuständigkeit bei Datenschutz Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme (20/10281) zum Gesetzentwurf Änderungen gefordert. Die Länderkammer schlägt vor, in Artikel 1 die zuständige Behörde in Form des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) zu ersetzen durch die jeweiligen Aufsichtsbehörden der Länder. Die Länderkammer begründet dies unter anderem damit, dass die Adressaten der Verpflichtungen nach Artikel 26 und 28 des DSA ausschließlich nicht öffentliche Stellen seien, deren Datenverarbeitung der Datenschutzkontrolle durch die Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder unterliege. Eine Zuständigkeitszuweisung an den BfDI führe „absehbar zur Aufspaltung von datenschutzrechtlichen Beschwerdeverfahren, was den Zielen der Effektivität und Rechtssicherheit“ widerspreche, führt der Bundesrat weiter aus. Weiter fordern die Länder die Bundesregierung auf, zu prüfen, ob der Begriff der Telemedien beibehalten werden kann und nicht durch den Begriff der „digitalen Dienste“ abgelöst wird. Es bestehe die Gefahr unerwünschter Regelungslücken und Anwendungsschwierigkeiten, da der Begriff „Telemedien“ weiter gefasst sei als der Begriff der „Digitalen Dienste“ und beispielsweise auch unentgeltliche Dienstleistungen erfasse. Meldepflicht bei Straftaten Der Bundesrat weist weiter darauf hin, dass es im Vergleich zur aktuellen Rechtslage zu „regulatorischen Rückschritten“ bei der Meldung strafbarer Inhalte durch die Plattformbetreiber an die Strafverfolgungsbehörden und beim Löschen strafbarer Inhalte auf Online-Plattformen kommen werde. Artikel 18 des DSA sehe eine Meldepflicht nur bei Straftaten vor, die eine Gefahr für das Leben oder die Sicherheit von Personen darstellen, nicht aber bei Straftaten gegen die öffentliche Ordnung, schreibt der Bundesrat. Zudem sei keine klare sanktionsbewehrte fristgebundene gesetzliche Löschpflicht für Plattformbetreiber bei gemeldeten rechtswidrigen Inhalten vorgesehen. Es solle daher geprüft werden, wie wirksame Sanktionsmöglichkeiten geschaffen werden können. Die Bundesregierung lehnt in ihrer Gegenäußerung die erste Forderung ab und kündigt an, weitere Punkte prüfen zu wollen. Die Gefahr unerwünschter Regelungslücken oder Anwendungsschwierigkeiten sei nicht gegeben. Soweit der Anwendungsbereich des DSA betroffen sei, bestehe kein Spielraum, ergänzende oder abweichende nationale Vorschriften zu erlassen. Dies betreffe auch die Meldepflicht für strafbare Inhalte, heißt es in der Gegenäußerung. (lbr/20.03.2024)