Nachbesserungen am Schuldner­beratungs­dienstegesetz gefordert

Sachverständige sehen erheblichen Nachbesserungsbedarf an den von der Bundesregierung vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen zu Schuldnerberatungsdiensten. Dies wurde am Mittwochvormittag, 5. November 2025, während einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zum „Entwurf eines Gesetzes über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher“ (Schuldnerberatungsdienstegesetz, 21/1847,21/2458) deutlich. Kritisiert wurde von Seiten der geladenen Expertinnen und Experten unter anderem, dass der Entwurf, mit dem Vorgaben der neu gefassten EU-Verbraucherkreditrichtlinie umgesetzt werden sollen, hinter dem Anspruch der Richtlinie zurückbleibe. Bemängelt wurde zudem die im Entwurf vorgesehene Kostenregelung sowie die aus Sicht der Sachverständigen nicht gesicherte Finanzierung des Vorhabens. Die beiden letzten Punkte waren auch schon in der ersten Lesung des Entwurfs im Bundestag strittig diskutiert worden. Expertin: Es braucht seriöse Beratungsangebote Scharfe Kritik an dem Entwurf der Bundesregierung übte die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. (BAG-SB), Ines Moers. „Wer dieses Gesetz unverändert lässt, riskiert eine Verschlechterung der Versorgung und die Nicht-Erfüllung europäischen Rechts“, sagte Moers in ihrem Eingangsstatement vor den Abgeordneten. Die Richtlinie sehe vor, die Verfügbarkeit von Schuldnerberatung sicherzustellen. „Das ist keine Empfehlung, das ist geltendes Recht“, betonte die von der SPD-Fraktion benannte Sachverständige. Der Entwurf der Bundesregierung erfülle diesen Anspruch nicht, sondern gefährde ihn. Es brauche aber ein „stabiles, seriöses, qualifiziertes System von Beratungsangeboten“. Kritisch sah die BAG-SB-Geschäftsführerin die Annahme der Bundesregierung, dass die bestehende Beratungslandschaft ausreichend sei. Im Gegenteil: Sie sei strukturell überlastet. Wie auch andere Sachverständige verwies sie darauf, dass nach aktuellen Zahlen 5,5 Millionen Menschen in Deutschland strukturell überschuldet seien. Schon jetzt gebe es „gravierende Zugangslücken“, da in einigen Bundesländern etwa Selbstständige, Studierende und Rentner von der Beratung ausgeschlossen seien. Für die Beratung in den Schuldnerberatungsstellen gebe es mehrmonatige Wartezeiten. Diese und weitere Probleme seien seit Jahren bekannt und würden sich durch die Verbraucherkreditrichtlinie, die den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitere, noch verschärfen. Moers forderte insbesondere, die Finanzierung der Schuldnerberatung sicherzustellen. Schon jetzt würden Beratungsstellen schließen und Mitglieder der Bundesarbeitsgemeinschaft austreten und selbst Insolvenz anmelden. Kritik an Bürokratieaufbau Ablehnend äußerte Moers sich in diesem Zusammenhang zu der geplanten Regelung in dem Gesetzentwurf, für die Beratung eine Kostenbeteiligung der Ratsuchenden zu ermöglichen. Kritik an dieser Regelung übte auch Philipp Wendt von der Verbraucherzentrale Hessen e.V. Es müsse davon abgesehen werden, mit einem Beratungsentgelt eine weitere Hürde aufzubauen, forderte der von der SPD-Fraktion benannte Sachverständige. Auch Roman Schlag vom Caritasverband für das Bistum Aachen e.V. lehnte die Möglichkeit für eine Kostenbeteiligung entschieden ab. Er prognostizierte, dass die Kommunen eine solche Möglichkeit nutzen würden. Tatsächlich würde diese aber zu mehr Bürokratie führen. „Geringe Entgelte kosten dem Staat Geld“, warnte der von der Fraktion Die Linke benannte Sachverständige. Menschen zurück in den Wirtschaftskreislauf bringen In eine ähnliche Richtung argumentierte Christoph Zerhusen von der Verbraucherzentrale NRW e.V. „Kostenbeteiligung funktioniert nicht in der Praxis“, sagte Zerhusen mit Verweis auf eigene Erfahrungen mit diesem Finanzierungsmodell in der Schuldnerberatung. Der von der CDU/CSU-Fraktion benannte Sachverständige beurteilte die bestehende Struktur der Schuldnerberatung in den Ländern und Kommunen als „nicht hinreichend“, um jedem Betroffenen Zugang zur Beratung zu ermöglichen. So gebe es beispielsweise einen „Flickenteppich“, was die Finanzierung der Beratung betreffe. Zerhusen warb für einen Ausbau der Schuldnerberatung, schließlich gehe es darum, Menschen zurück in den Wirtschaftskreislauf zu bringen. „Wenn man Schuldnerberatung nicht finanziert, nicht ausbaut und nicht bedarfsgerecht vorhält, dann kostet das letztendlich uns alle mehr“, betonte der Sachverständige. Beteiligung der Gläubiger gefordert Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Rein von der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft in Ludwigshafen ging auf die Gewährleistungsverpflichtung für die Schuldnerberatung ein, die den Ländern laut Entwurf auferlegt werden soll. Solch eine Gewährleistungsverpflichtung sei nur sinnvoll, wenn gesetzlich auch ein Rahmen gesetzt werde. Dieser Rahmen fehle aber in dem Entwurf des Schuldnerberatungsdienstegesetzes. „Wir werden 16 völlig verschiedene Regelungen zur Ausgestaltung dieser Gewährleistungsverpflichtung bekommen“, warnte der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen benannte Sachverständige. Zudem sei bei einer Gewährleistungsverpflichtung auch eine Regelung zur Finanzierung der Beratungsstellen „unabdingbar“. Rein schlug zur Finanzierung vor, auch eine Beteiligung der Gläubiger, insbesondere der Kreditgeber, zu erwägen. „Schuldnerberatung ist eine öffentliche Aufgabe“ Eine solche Beteiligung der Privatwirtschaft stößt bei den Betroffenen indes auf Ablehnung. „Schuldnerberatung ist eine öffentliche Aufgabe und sollte auch weiterhin verlässlich staatlich finanziert werden“, sagte Andrea Schweer für den Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. „Eine gesetzliche Verpflichtung privater Gläubiger lehnen wir naturgemäß ab“, betonte die von der Unionsfraktion als Sachverständige benannte Verbandsvertreterin. Die Stärkung der Schuldnerberatung unterstütze der Verband aber vollumfänglich. „Qualifizierte Schuldnerberatung ist eine Investition in soziale Stabilität und fiskalische Entlastung. Gute Beratung stärkt Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit und damit letztlich auch die Volkswirtschaft“, sagte Schweer in ihrem Eingangsstatement. Für eine Stärkung der Schuldnerberatung – sowohl in der Qualität als auch im Angebot – sprach sich auch Dr. Christoph Niering vom Verband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschland e.V. aus. Zur Finanzierung schlug Niering vor, das Verbraucherinsolvenzverfahren dramatisch zu verschlanken. Dies sei fast schon ein „Bürokratiemonster“. Durch eine Vereinfachung könnten auf Länderebene Gelder und Personal frei werden, sagte der von der Unionsfraktion benannte Sachverständige. (scr/05.11.2025)