Bundestag entscheidet über „Bau-Turbo“

Der Bundestag entscheidet am Donnerstag, 9. Oktober 2025, nach halbstündiger Debatte über den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung (21/781 neu) in einer vom Ausschuss geänderten Fassung. Darüber hinaus liegt zu dem Tagesordnungspunkt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (21/1084) vor. Dazu wird den Abgeordneten eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen sowie ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages über die finanziellen Auswirkungen der Regelung vorliegen. Abgestimmt wird zudem über einen Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Bauwende jetzt – Stadtumbau sozial, demokratisch und nachhaltig planen und gestalten“ (21/1753). Auch zu der Vorlage wird es eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen geben. Gesetzentwurf der Bundesregierung Mit der Neuregelung soll die Schaffung von Wohnraum in Deutschland deutlich beschleunigt werden. Als weitgehende Flexibilisierung für den Wohnungsbau wird die Einfügung eines neuen Paragrafen 246e in das Baugesetzbuch (BauGB) vorgeschlagen. Erlaubt werden soll damit ein Abweichen von bauplanungsrechtlichen Vorschriften. Wenn eine Kommune sich entscheide, diesen „Bau-Turbo“ anzuwenden, könnten zusätzliche Wohnungen bereits nach einer dreimonatigen Prüfung durch die Gemeinde zugelassen werden. Aufstellungen oder Änderungen von Bebauungsplänen sollen dann nicht mehr notwendig sein. Durch eine Anpassung des Paragrafen 31 Absatz 3 des Baugesetzbuches werde im Geltungsbereich eines Bebauungsplans mehr Wohnbebauung auch über die Vorgaben des Bebauungsplans hinaus ermöglicht, heißt es in dem Entwurf weiter. So könne beispielsweise in ganzen Straßenzügen durch Aufstockung, Anbauten oder Bauen in der zweiten Reihe neuer Wohnraum geschaffen werden. Im unbeplanten Innenbereich soll über die bisher bestehenden Möglichkeiten hinaus auch dort die Neuerrichtung von Wohngebäuden ermöglicht werden, wo sie sich nicht in den Bebauungszusammenhang einfügen (Paragraf 34 Absatz 3b BauGB). Auch im Außenbereich soll einfacher neuer Wohnraum geschaffen werden können. Zudem soll mit innovativen Lärmschutzlösungen mehr Wohnbebauung als bisher in der Nähe von Gewerbebetrieben ermöglicht werden. In begründeten Fällen sollen daher Abweichungen von der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm zulässig sein. Zudem dürfe auch in zweiter Reihe gebaut werden, und Supermarkt-Gebäude könnten aufgestockt werden. Die kommunale Planungshoheit werde jedoch gewahrt. Der Bau-Turbo sei auf fünf Jahre befristet. Mietwohnungen sollen auch weiterhin nicht ohne Weiteres zu Eigentumswohnungen umgewandelt werden können. Das sei ein wichtiges Instrument, um Mieter vor Verdrängung aus ihrem gewohnten Lebensumfeld zu schützen, wird erläutert. Deshalb werde der sogenannte Umwandlungsschutz in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt um fünf Jahre verlängert. Bundesrat will Lärmschutzniveau gewährleistet sehen Der Bundesrat erklärt in seiner Stellungnahme unter anderem zu den vorgesehenen Änderungen bei Lärmschutzvorschriften, dass ein aus Gesundheitsschutzgründen gebotenes Lärmschutzniveau weiterhin gewährleistet bleiben müsse. Die Länder halten es auch für zweifelhaft, Regelungen zum Verwaltungsvollzug, die das Immissionsschutzrecht betreffen, im Baugesetzbuch zu regeln. Regelungssystematisch würde eine entsprechende Regelung in die Technische Anleitung Lärm (TA Lärm) gehören. Außerdem verlangt der Bundesrat wegen der Systemrelevanz der Landwirtschaft vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Situation einen langfristigen Schutz landwirtschaftlicher Produktionsflächen im Außenbereich. Dieses Anliegen werde durch klimabedingte Umweltveränderungen noch verstärkt. „Regelung zum Lärmschutz ausreichend“ In ihrer Gegenäußerung erklärt die Bundesregierung, sie halte die Regelung zum Lärmschutz für ausreichend. Die Forderungen des Bundesrates zum Schutz landwirtschaftlicher Flächen werden ebenfalls zurückgewiesen. Um die zügigere Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum zu ermöglichen, müsse Paragraf 246e angesichts der angespannten Lage auf vielen Wohnungsmärkten im maßvollen Umfang auch im Außenbereich zur Anwendung kommen können. Dafür müsse ein Vorhaben im räumlichen Zusammenhang mit dem Siedlungsbereich stehen. Antrag der Linken Die Linksfraktion will mit der Priorisierung von Umbauten eine Bauwende erreichen. Umbau müsse vor dem Neubau von Gebäuden Vorrang haben, heißt es in ihrem Antrag, in dem auch Maßnahmen zur Behebung des Leerstands gefordert werden. „Bundesweit stehen circa 1,9 Millionen Wohnungen leer und allein in den sieben größten Städten sind 8,11 Millionen Quadratmeter Bürofläche ungenutzt“, schreiben die Abgeordneten. Zusätzlich würden bundesweit schätzungsweise 550.000 Wohnungen als Ferienunterkünfte zweckentfremdet. Daher müsse die Bundesregierung die gesetzlichen Grundlagen zur Mobilisierung dieser Raumpotenziale stärken, die kommunalen Verwaltungen in die Lage versetzen, diese umzusetzen und Investitionen über die Städtebauförderung auf den Weg bringen. Zur Sicherung des Baubestandes sollten kommunale Abrissstopps vereinfacht sowie kommunale Umbauprogramme für bezahlbaren Wohnraum gestärkt werden. Außerdem werden ein Bodenpreisdeckel, eine Bodenwertzuwachssteuer sowie die Ertüchtigung kommunaler Vorkaufs- und Eingriffsrechte verlangt. „Bau-Turbo heizt Bodenspekulation an“ Der Bundesregierung wirft die Fraktion Die Linke vor, mit dem geplanten „Bau-Turbo“ zur Beschleunigung von Verfahren in Wirklichkeit die Bodenspekulation anzuheizen. „Statt dem schnellen Bau von günstigem Wohnraum folgt damit die planlose Versiegelung von Äckern und Grünflächen, die ökologisch und städtebaulich problematische Zersiedelung der Stadtränder und des ländlichen Raums sowie der Verlust öffentlicher Räume“, wird kritisiert. Problematisch sei auch die Schwächung der kommunalen Planungshoheit. (hle/hau/30.09.2025)