Zuständigkeitsstreitwert der Amtsgerichte auf 10.000 Euro angehoben
Der Bundestag hat am Donnerstag, 13. November 2025, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, zum Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie zur Änderung weiterer prozessualer Regelungen (21/1849, 21/2466, 21/2669 Nr. 23) angenommen. Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (21/2777) vor. Dafür stimmten in dritter Beratung CDU/CSU, AfD, SPD und Bündnis 90/Die Grünen, dagegen votierte Die Linke. Auf Antrag der AfD-Fraktion war in zweiter Beratung getrennt über den Artikel 1 des Gesetzentwurfs, die Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes, und über den Rest des Gesetzentwurfs abgestimmt worden. Für den Artikel 1 stimmten Union, AfD, SPD und Grüne, dagegen die Linksfraktion. Den übrigen Teilen des Gesetzentwurfs stimmten Union, SPD und Grüne zu, die Linksfraktion votierte dagegen, die AfD enthielt sich. Gesetzentwurf der Bundesregierung Mit dem Gesetz wird laut Bundesregierung die Zuständigkeit der Amtsgerichte in Zivilsachen gestärkt. Der in Paragraf 23 des Gerichtsverfassungsgesetzes geregelte Zuständigkeitsstreitwert von bisher 5.000 Euro wird auf 10.000 Euro angehoben. Das bedeutet, dass bei Streitigkeiten bis zu dieser Grenze künftig das Amtsgericht zuständig ist und kein Anwaltszwang besteht. Bisher galt bei einem Wert über 5.000 € Anwaltszwang vor dem Landgericht, Die Bundesregierung verweist darauf, dass die Grenze zuletzt 1993 angepasst wurde. Darüber hinaus werden bestimmte Sachgebiete streitwertunabhängig den Amts- oder Landgerichten zugewiesen. So werden etwa nachbarschaftsrechtliche Streitigkeiten künftig grundsätzlich vor Amtsgerichten verhandelt, während Veröffentlichungsstreitigkeiten, Streitigkeiten aus Heilbehandlungen und Vergabesachen den Landgerichten zugewiesen werden. So will die Bundesregierung eine weitergehende Spezialisierung erreichen. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung zudem eine Grundlage schaffen, damit Gerichte Kostenentscheidungen nach einer nachträglichen Änderung des Streit- oder Verfahrenswertes ändern können. Entsprechende Regelungen werden neben der Zivilprozessordnung auch für andere Verfahrensordnungen vollzogen. Änderungen werden auch im Verbraucherstreitbeilegungsgesetz, im Unterlassungsklagengesetz, in der Verbraucherstreitbeilegungs-Informationspflichtenverordnung sowie in der Luftverkehrsschlichtungsverordnung vorgenommen, nachdem die Europäische Plattform zur Online-Streitbeilegung eingestellt wurde. Schließlich wird eine irrtümlich aufgehobene Regelung im Gerichts- und Notarkostengesetz wieder eingeführt. Änderungen im Rechtsausschuss Gegenüber dem Regierungsentwurf nahm der federführende Rechtsausschuss am 12. November auf Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen einige Änderungen vor. Angepasst werden demnach die Rechtsmittelstreitwerte in der Zivilprozessordnung, im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und für Kostenbeschwerden in der Strafprozessordnung, im Gerichtskostengesetz, im Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen, im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sowie im Gerichts- und Notarkostengesetz. Auch die Wertgrenze für das Verfahren nach billigem Ermessen wird im Gleichlauf mit der Berufungswertgrenze erhöht. Stellungnahme des Bundesrates In ihrer Stellungnahme (21/2466) sprach sich die Länderkammer in Bezug auf die Zuständigkeit für Kostenentscheidungen für eine weitere Änderung im Sozialgerichtsgesetz aus. Danach soll bei der nachträglichen Anpassung einer Kostenentscheidung an einen geänderten Streitwert künftig „das Gericht“ und nicht allein der Vorsitzende entscheiden. Zur Begründung verwies der Bundesrat auf Wertungswidersprüche zwischen den Gerichtsbarkeiten. In anderen Verfahrensordnungen soll laut Entwurf jeweils „das Gericht“ zuständig sein, während der Gesetzentwurf der Bundesregierung für die Sozialgerichtsbarkeit die Zuständigkeit beim Vorsitzenden vorsieht. Eine Änderung der Kostenentscheidung nach einer Streitwertanpassung erfordere jedoch eine neue Willensbildung und könne nicht mit einer bloßen Berichtigung, etwa der Beseitigung von Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten, gleichgesetzt werden. Gegenäußerung der Bundesregierung Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag in ihrer Gegenäußerung ab. Sie betont, dass nach den „Besonderheiten im Verfahrensrecht der Sozialgerichtsbarkeit“ der Vorsitzende bereits über eine Vielzahl prozessualer Anträge allein entscheide. Es sei daher konsequent, auch die Entscheidung über eine nachträgliche Korrektur der Kostenentscheidung dem Vorsitzenden zu überlassen. Eine Zuständigkeit des Gerichts statt des Vorsitzenden würde zu einem erheblichen Mehraufwand in Verfahren vor den Landessozialgerichten und dem Bundessozialgericht führen. „Dieser Mehraufwand ist nicht gerechtfertigt“, heißt es in der Gegenäußerung. (scr/13.11.2025)
