Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher geregelt
Der Bundestag hat am Freitag, 14. November 2025, nach halbstündiger Aussprache den einen Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher (Schuldnerberatungsdienstegesetz, 21/1847, 21/2458, 21/2669 Nr. 15) in der vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz geänderten Fassung (21/2774) angenommen. Dafür stimmten CDU/CSU und SPD, dagegen die AfD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke Zuvor war in zweiter Beratung ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke (21/2788) abgelehnt worden. Zugestimmt hatten neben der Linken nur die Grünen. CDU/CSU, AfD und SPD lehnten den Änderungsantrag ab. Keine Mehrheit fand in dritter Beratung auch ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/2789) zu dem Gesetzentwurf. Neben den Grünen stimmte nur Die Linke dafür, Union, AfD und SPD lehnten ihn ab. Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen beschloss das Parlament eine Entschließung zu dem Gesetz. Dagegen stimmten die AfD und Die Linke. Gesetzentwurf der Bundesregierung Mit dem Gesetz über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher (21/1847) werden Vorgaben der EU-Verbraucherkreditrichtlinie 2023 / 2225 in deutsches Recht umgesetzt. Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, die Schwierigkeiten bei der Erfüllung ihrer finanziellen Verpflichtungen haben oder haben könnten, Zugang zu unabhängigen Schuldnerberatungsdiensten erhalten, für die nur begrenzte Entgelte zu entrichten sind. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die entsprechenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis spätestens 20. November 2025 umzusetzen. Vorgesehen ist, dass die Länder die Verfügbarkeit unabhängiger Schuldnerberatungsdienste sicherstellen. Diese Dienste sollen für Verbraucherinnen und Verbraucher „grundsätzlich kostenlos“ sein. Die Erhebung eines begrenzten Entgelts ist demnach möglich, sofern es höchstens die Betriebskosten deckt und keine unangemessene Belastung für die Verbraucher darstellt. Vorgesehen sind zudem jährliche Berichtspflichten der Länder an das Bundesministerium der Justiz sowie des Ministeriums an die Europäische Kommission über die Zahl der vorhandenen Beratungsstellen. In Deutschland gibt es laut Bundesregierung rund 1.380 Schuldnerberatungsstellen. Verlässliche Daten zu deren geografischer Verteilung, Ausstattung oder Wartezeiten lägen jedoch nicht vor, „auf deren Grundlage sich die Notwendigkeit oder der Umfang eines Ausbaus der Beratungskapazitäten prognostizieren ließe“. Daher lasse sich der finanzielle Mehraufwand auf Seiten der Länder nicht im Vorhinein quantifizieren. Änderungen im Rechtsausschuss Der Rechtsausschuss hatte am 12. November auf Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD noch zwei Änderungen am Regierungsentwurf vorgenommen. Zum einen wird im Schuldnerberatungsdienstegesetz festgeschrieben, dass die Dienste für Verbraucher „kostenlos angeboten werden“. Ein „begrenztes“ Entgelt ist demnach nur in „besonders begründeten Ausnahmefällen“ zulässig. Ursprünglich hatte der Entwurf vorgesehen, dass die Beratung „grundsätzlich kostenlos“ anzubieten ist und die Möglichkeit für ein „begrenztes Entgelt“ eingeräumt. Dies war in den parlamentarischen Beratungen zu dem Gesetzentwurf sowohl von Abgeordneten als auch von Sachverständigen kritisiert worden. Zum anderen wird durch die Änderungen nun ausführlicher im Normtext dargelegt, wer Schuldnerberatungsdienste im Sinne des Gesetzes erbringen darf. Dazu wird definiert, was unter einem unabhängigen professionellen Anbieter zu verstehen ist. Auch diese Forderung war im parlamentarischen Verfahren erhoben worden. Entschließung verabschiedet Die Bundesregierung wird in der verabschiedeten Entschließung aufgefordert, gemeinsam mit den Ländern einen Vorschlag zu entwickeln, der dazu führt, eine auskömmliche Finanzierung und damit die Zukunftsfähigkeit der Schuldnerberatung in Deutschland – auch im Hinblick auf die Kostenfreiheit – zu sichern. Die Entwicklung dieses Vorschlags soll eine Prüfung der verpflichtenden Beteiligung privater Gläubiger an der Finanzierung der Schuldnerberatung einschließen. Die Prüfung soll auch umfassen, wie es durch Verfahrensverschlankungen, Änderungen im Verbraucherinsolvenzrecht und die Digitalisierung von Schuldnerberatungsprozessen und Verbraucherinsolvenzverfahren zu besseren und schnelleren Ergebnissen und gleichzeitig zu Kosteneinsparungen kommen kann. Dies soll ermöglichen, dass die Länder dadurch frei werdende Mittel der Schuldnerberatung zur Verfügung stellen können. Der Rechtsausschuss des Bundestages erwartet zu den Forderungen der Entschließung einen Bericht bis zum 31. Januar 2027. Änderungs- und Entschließungsantrag Die Linke hatte in ihrem Änderungsantrag (21/2788) unter anderem einen Anspruch auf Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher verlangt. Eine solche Regelung sei erforderlich, um Klarheit über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten zu schaffen. Der Regierungsentwurf verbleibt mit dem dortigen Sicherstellungsauftrag hinter den Anforderungen der Verbraucherkreditrichtlinie, insbesondere der Voraussetzung eines leichten und gleichwertigen Zugangs zurück und erfülle damit auch nicht die Erfordernisse für eine bundeseinheitliche Regelung. Die Grünen hatten in ihrem abgelehnten Entschließungsantrag (21/2789) unter anderem verlangt, von einer Entgelterhebung für Schuldnerberatungsdienste abzusehen und stattdessen die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass unabhängige Schuldnerberatungsdienste bundeseinheitlich kostenlos für alle Menschen zur Verfügung gestellt werden können. Auch sollte der Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten bundeseinheitlich definiert werden, was Zielgruppe und Zugangsvoraussetzungen betrifft. Bisher teilweise von Beratung ausgeschlossene Gruppen wie Rentnerinnen und Rentner, Studierende, Erwerbstätige oder Kleinselbstständige sollten Zugang erhalten. Stellungnahme des Bundesrates In ihrer Stellungnahme (21/2458) warnt die Länderkammer vor „erheblichen Mehrkosten“ für Länder und Kommunen, die sich aus der Pflicht ergeben könnten, Beratungsangebote künftig für alle Verbraucherinnen und Verbraucher sicherzustellen. Der Entwurf erweitere den Kreis der Ratsuchenden über die bisherige soziale Schuldnerberatung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch hinaus. Der Bundesrat kritisiert, dass der Gesetzentwurf keine konkreten Angaben zu den finanziellen Folgen enthalte und fordert den Bund auf, „seine Angaben zu den Mehrausgaben, die den Ländern und Kommunen durch das Bundesgesetz entstehen würden, zu konkretisieren“. Sollten sich daraus relevante Mehrbelastungen ergeben, sei „sicherzustellen, dass die aus der bundesgesetzlichen Verpflichtung von Ländern und Kommunen resultierenden Ausgaben durch den Bund kompensiert werden“. Zudem bittet die Länderkammer um eine Übergangsregelung, um den Ländern mehr Zeit für die Umsetzung zu geben. Darüber hinaus regt der Bundesrat an, private Gläubiger – etwa Banken, Zahlungsdienstleister oder Inkassounternehmen – an der Finanzierung unabhängiger Schuldnerberatungsdienste zu beteiligen. Angesichts der angespannten Haushaltslage sei es „notwendig, eine finanzielle Beteiligung nach dem Veranlasserprinzip für diejenigen zu prüfen, die einerseits durch bestimmte neue Bezahlmodelle (zumindest teilweise) mit zur Verschuldung beitragen und andererseits von der Schuldnerberatung unmittelbar profitieren“. Gegenäußerung der Bundesregierung Die Bundesregierung lehnt die Forderungen ab. Nach ihrer Gegenäußerung entstünden durch das Gesetz keine wesentlichen Mehrkosten, da die Beratungsstrukturen bereits gut ausgebaut seien. „Nach derzeitigem Kenntnisstand und auf Grundlage der vorhandenen Daten entstehen aus den genannten Gründen keine wesentlichen Mehrausgaben für die Länder und Kommunen“, heißt es darin. Die Bundesregierung verweist zudem auf eine Prognose, nach der eine Zunahme der Beratungsfälle um ein Prozent zum Vergleichsjahr 2024 zu einer Kostensteigerung von deutschlandweit fünf Millionen Euro führen würde. Eine finanzielle Kompensation zugunsten der Länder komme zudem „aus finanzverfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht“. Auch eine Beteiligung privater Gläubiger sei im Rahmen der EU-Verbraucherkreditrichtlinie nicht vorgesehen. (scr/12.11.2025)
