Vorlagen zu Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
Die Bundesregierung hat sechs Gesetzentwürfe zu Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie mehreren afrikanischen und asiatischen Staaten und Ländergruppen anderseits eingebracht, die am Freitag, 10. Oktober 2025, erstmals im Bundestag beraten werden. Es handelt sich um Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Côte d´Ivoire (Elfenbeinküste, 21/1885), Ghana (21/1888), den SADC-WPA-Staaten (21/1887), Zentralafrika (21/1886), Vietnam (21/1897) und Singapur (21/1898). Die SADC-WPA-Staaten sind die Mitglieder der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC), die das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) mit der EU unterzeichnet haben. Dazu gehören Botsuana, Eswatini (früher Swasiland), Lesotho, Mosambik, Namibia und Südafrika. Nach 30-minütiger Debatte sollen die Gesetzentwürfe an die Ausschüsse überwiesen werden. Im Fall der Abkommen mit Côte d´Ivoire, Ghana, den SADC-WPA-Staaten und Zentralafrika soll der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Federführung bei den weiteren Beratungen übernehmen. Bei den Gesetzentwürfen zu den Abkommen mit Vietnam und Singapur soll der Ausschuss für Wirtschaft und Energie federführend sein. Darüber hinaus hat die Fraktion Bündnis 90/Dir Grünen einen Antrag mit dem Titel „Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Afrika – Chancen für fairen Handel und gerechtere Globalisierung nutzen“ (21/2035) vorgelegt, der im Anschluss an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur federführenden Beratung überwiesen werden soll. Abkommen mit afrikanischen Staaten Mit den vorgelegten Vertragsgesetzen sollen die Interims-WPA mit den afrikanischen Staaten von Deutschland als EU-Mitgliedstaat ratifiziert werden. Dazu ist jeweils ein Beschluss des Bundestages erforderlich. Der Bundesrat hat keine Einwände dagegen erhoben. Durch die Abkommen soll laut Bundesregierung der uneingeschränkte Zugang für alle afrikanischen Vertragspartnerstaaten unabhängig von ihrem Status dauerhaft vertraglich geregelt werden. Sie erhalten damit zoll- und quotenfreien Zugang zum EU-Markt. Im Gegenzug senken die Staaten ihrerseits schrittweise mit Übergangsfristen von bis zu 25 Jahren die Zölle auf einen Großteil der aus der EU importierten Produkte. Abkommen mit Vietnam und Singapur Die Bundesregierung ist für die Übernahme der EU-Investitionsschutzabkommen mit Vietnam und Singapur. Das Investitionsschutzabkommen mit Vietnam ergänzt das 2020 mit Vietnam in Kraft getretene EU-Freihandelsabkommen. Das EU-Investitionsschutzabkommen mit Singapur ergänzt das 2019 mit Singapur in Kraft getretene EU-Freihandelsabkommen. Südostasien sei eine der wirtschaftlich dynamischsten Regionen der Welt, schreibt die Regierung. Die dortigen Staaten nähmen eine wichtige Rolle in den Diversifizierungsplänen der Bundesrepublik und der Europäischen Union ein. Offene Märkte und Investitionssicherheit seien zentrale Bausteine für einen erfolgreichen Wiederaufschwung der Wirtschaft, heißt es weiter. Mit den EU-Investitionsschutzabkommen wird nach Regierungsangaben ein sicherer Rahmen geschaffen, der deutschen Unternehmen die nötige Planungssicherheit gibt. Damit die Investitionsschutzabkommen in Kraft treten können, müssen neben dem Rat der EU und dem Europäischen Parlament auch alle 27 EU-Mitgliedstaaten zustimmen. Antrag der Grünen Die Grünen fordern in ihrem Antrag (21/2035) die Bundesregierung auf, die Ratifizierung der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs) mit Afrika an klare Bedingungen zu knüpfen. So sollten in den Abkommen, die die EU mit Côte d’Ivoire und Ghana sowie mit der Region Zentralafrika und der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas schließen will, rechtsverbindliche und einklagbare ökonomische, soziale und ökologische Standards integriert sowie das Vorsorgeprinzip verankert werden. Außerdem gelte es, die Kohärenz der EPAs mit europäischen Vorschriften zu Lieferkettenverantwortung, Entwaldungsbekämpfung und Sorgfaltspflichten zu fördern. Ernährungssouveränität und agrarökologische Ansätze sollten als zentrale Ziele der Abkommen verankert und gefördert werden. Die teilweise mehr als 15 Jahre alten Abkommen genügen den Ansprüchen der heutigen Zeit nach Ansicht der Grünen-Fraktion nicht. Die bislang durchgeführten Evaluationen zeigten, dass ihre wirtschaftlichen Effekte für die afrikanischen Staaten hinter den Erwartungen zurückbleiben. Hohe Standards in den Bereichen Klima-, Umwelt- und Biodiversitätsschutz sowie bei Menschenrechten, wie sie mittlerweile längst etablierter Teil internationaler Handelsabkommen seien, fehlten, lokale Wertschöpfung im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung spiele eine zu geringe Rolle. Die Ratifizierung müsse deshalb an klare Bedingungen zur Nachbesserung der Abkommen geknüpft werden. Notwendig sei auch die Einrichtung unabhängiger Monitoring- und Evaluationsinstrumente, die eine transparente Wirkungsanalyse im Hinblick auf die globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) gewährleisteten. Darüber hinaus sei der historische und strukturelle Kontext zentral zu berücksichtigen. Ungleiche Handelsstrukturen sind nach Auffassung der Antragsteller „eng mit kolonialer Ausbeutung und bis heute fortwirkenden Abhängigkeiten verbunden“. (nki/joh/hau/09.10.2025)