Experten sehen Befugniserweiterung in der Pflege grundsätzlich positiv

Gesundheitsexperten sehen die von der Bundesregierung geplante Befugniserweiterung und Entbürokratisierung für Pflegefachkräfte im Grundsatz positiv. Einige Sachverständige forderten zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (21/1511, 21/1935) allerdings perspektivisch noch weitergehende Regelungen zugunsten der Pflegefachkräfte sowie einen konsequenteren Abbau bürokratischer Vorschriften. Die Experten äußerten sich am Mittwoch, 8. Oktober 2025, in der Anhörung des Gesundheitsausschusses sowie in schriftlichen Stellungnahmen. „Integrierte Versorgungsmöglichkeiten fördern“ Unterstützung kommt von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Die KBV begrüße die Intention des Gesetzgebers mit Blick auf den demografischen Wandel den Ausbau einer gestuften und aufeinander abgestimmten pflegerischen Versorgung und damit auch die Weiterentwicklung der Pflegekompetenzen anzugehen, erklärte der Verband. Es sei wichtig, keine neuen Schnittstellen zwischen den Professionen oder Doppelungen von Versorgungsangeboten zu schaffen, sondern integrierte Versorgungsmöglichkeiten zu fördern. Grundsätzlich begrüßt wird die Reform auch vom Verband der Ersatzkassen (vdek). Eine optimierte Aufgabenverteilung zwischen Pflegekräften und Ärzten sei hilfreich für den möglichst effizienten Einsatz des knappen Personals im Gesundheitswesen. Jedoch bleibe die geplante Regelung hinter dem Anspruch der eigenverantwortlichen Tätigkeit von Pflegefachpersonen zurück. Weiterhin würden Ärzte darüber entscheiden, ob Pflegefachpersonen bestimmte Leistungen übernehmen dürfen. Daher solle klar geregelt werden, dass Pflegefachpersonen im Rahmen ihrer Kompetenzen eigenständig und regelhaft tätig werden könnten. Ungeklärt bleibt zudem die Haftungsfrage. „Verantwortlichkeiten klarer definieren“ Die Haftungsfrage wird auch von der Bundesärztekammer (BÄK) aufgeworfen, die außerdem mahnt, dass die Befugniserweiterung in der Pflege die Grenze der ärztlichen Kernkompetenz nicht überschreiten dürfe. Unterstützt werde ausdrücklich die Vorbereitung einer wissenschaftlich fundierten, systematischen Entwicklung, Begründung und Beschreibung pflegerischer Aufgaben (Muster-Scope of Practice) und die grundsätzliche Zuschreibung von entsprechenden Kompetenzen zu Qualifikationsgraden. Das sei ein wichtiger Schritt, um die Rolle und Verantwortlichkeiten von Pflegefachpersonen klarer zu definieren. Bei der interprofessionellen Zusammenarbeit müsse die ärztliche Perspektive systematisch einbezogen werden. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) sieht in der Reform wegweisende Schritte zur Stärkung der eigenständigen Ausübung von Heilkunde durch Pflegefachpersonen. Erstmals würden heilkundliche Aufgaben der Pflege im Leistungsrecht der Sozialgesetzbücher (SGB) XI und V verankert. Damit werde der Grundsatz anerkannt, dass Pflegefachpersonen per se heilkundliche Aufgaben ausübten. Es müsse aber dringend ergänzt werden, dass die Kompetenzen zur erweiterten Heilkundeausübung auch von Pflegefachpersonen während ihres Berufslebens durch Fort- und Weiterbildung erworben werden könnten. Nur so könne die erweiterte Heilkunde auch in die Fläche kommen. Zudem gelte es, die Anwendungsbereiche Diabetes, chronische Wunden und Demenz thematisch zu erweitern. „Unnötige Hürden und Unsicherheiten“ Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) sieht das Risiko eines nicht klar konturierten Kompetenzprofils, das eine Vielzahl interpretationsfähiger Regelungen induziere. Für die spätere praktische Realisierung des erweiterten pflegerischen Kompetenzprofils würden dadurch unnötige Hürden und Unsicherheiten geschaffen. Auch die Abkopplung der Regelungen für das Berufsprofil einer „Advanced Nursing Practice“ (ANP), um dies separat vorzunehmen, sei wenig sinnvoll. Ein weiterentwickeltes, professionelles Berufsbild der Pflege sollte vollumfänglich ausgeformt werden. Nach Ansicht des Deutschen Pflegerats (DPR) dürften die pflegefachlichen Leistungen nicht auf Anwendungen reduziert werden, die lediglich aus ärztlichen Diagnosen abgeleitet seien, vielmehr müssten sie umfassender verstanden werden. Die Erarbeitung von Leistungskatalogen könne daher nur als weiterer Schritt in Richtung der pflegerischen Heilkundeausübung verstanden werden. Für künftige Gesetzesinitiativen, die etwa den Einsatz von ANP oder Community Health Nursing (CHN) regeln, bedürfe es einer Weiterentwicklung hin zu eigenverantwortlicher heilkundlicher Ausübung durch Pflegefachpersonen. „Bürokratie-Entlastung im Versorgungsalltag dringlich“ Mehrere Sachverständige machten in der Anhörung deutlich, dass eine weitere Entlastung von Bürokratie im Versorgungsalltag dringlich nötig ist. Eine Sprecherin der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) erklärte, die umfangreichen bürokratischen Anforderungen seien angesichts des Fachkräftemangels nicht mehr vertretbar. Ein Sprecher des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) sprach in der Anhörung mit Blick auf den Gesetzentwurf von einem Etikettenschwindel. Weniger Bürokratie sei nicht zu erwarten. Die Digitalisierung und der Abbau von Regulatorik seien jedoch wesentliche Bausteine bei Reformen im Gesundheitswesen. (pk/08.10.2025)