Finanzminister Lars Klingbeil kündigt harte Entscheidungen an

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat die Deutschen auf bevorstehende „harte Entscheidungen“ eingestimmt. In seiner Rede zur Einbringung des Haushaltsgesetzes 2026 (21/600) und des Finanzplans des Bundes 2025 bis 2029 (21/601) sagte Klingbeil am Dienstag, 23. September 2025, es müsse Entscheidungen und Veränderungen, keine „Trippelschritte“, geben. „Wir müssen um unsere politische Kultur kämpfen“, betonte der Minister und plädierte für eine Debattenkultur, die darauf abzielt, Kompromisse zu finden und Brücken zu bauen. Diese Bundesregierung stehe in der demokratischen Mitte dafür, gemeinsame Lösungen zu finden: „Unser Land kann das.“ „Deutschland soll ein starkes Land bleiben“ Die Politik müsse Entscheidungen treffen, es gehe um Richtung und Führung mit dem Ziel, dass Deutschland ein starkes Land bleibt. Klingbeil nannte die „reale“ Bedrohung durch Russland. Im Haushalt 2026 gehe es um Abschreckung und Verteidigungsfähigkeit. In der Ukraine werde auch Deutschlands Freiheit verteidigt. Russland rüste massiv auf und könnte spätestens 2029 Nato-Territorium angreifen. Der Minister warnte davor, naiv zu sein, wenn es um Putins Vorhaben gehe. „Wir investieren massiv in unsere Sicherheit“, der jahrelange Sparkurs bei der Bundeswehr werde beendet. Deutschland stehe zu seinen Bündnisverpflichtungen in der Nato, es werde 10.000 zusätzliche Soldaten, einen freiwilligen Wehrdienst und den Aufbau der Reserve geben. „Wir brauchen mehr europäischen Patriotismus“ Zugleich plädierte Klingbeil für mehr, nicht weniger Europa, das für die „Stärke des Rechts“ einsteht. „Wir brauen mehr europäischen Patriotismus.“ Deutschland stehe für ein starkes Europa ein, das nicht an den „Katzentisch“ in der Weltpolitik gehöre. Die „harten Entscheidungen“ in den nächsten Jahren würden viel Kraft kosten, man kämpfe mit hoher Staatsverschuldung und niedrigem Wachstum, hinke bei der Digitalisierung hinterher. Er wolle, dass Europa sich selbst verteidigen kann und wettbewerbsfähiger wird, sagte Klingbeil. Deutschland müsse eine europäische Führungsmacht sein, um Europa voranzubringen. Investieren und sparen Mit dem neuen Sondervermögen würden 500 Milliarden Euro in Infrastruktur und Klimaschutz investiert, das „größte Investitionsprogramm in unserer Geschichte“, betonte der Minister. Im Bundeshaushalt sorge man für mehr Wachstum, damit Arbeitsplätze sicher werden. Nach Investitionen von 115,7 Milliarden Euro in diesem Jahr würden 2026 126,7 Milliarden Euro investiert, davon 56 Milliarden Euro aus dem Kernhaushalt, 21,7 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) und 49 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIK). Neben den Investitionen in die Zukunft des Landes müsse im Kernhaushalt aber auch gespart werden: „Wir dürfen das nicht verwischen, wir müssen es trennen.“ Forschung, Wohnraum, Kinderbetreuung Klingbeil hob die Bedeutung einer funktionierenden Infrastruktur für das Zusammenleben hervor, sie sei das Fundament für den Zusammenhalt. Investitionen machten das Land gerechter und stärker. Bis 2029 werde man 166 Milliarden Euro in Schienen, Straßen und Brücken investieren. 17,1 Milliarden Euro würden für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Dabei gehe es um die Sicherung von Arbeitsplätzen. Deutschland habe eine starke Grundlagenforschung. Forscher aus dem Ausland sollten nach Deutschland kommen: „Wir wollen, dass mRNA-Impfstoffe künftig auch vor Krebs schützen.“ Um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Arbeitsplätze in der Bauindustrie zu sichern, werde Bürokratie abgebaut, so der Minister weiter. Vier Milliarden Euro würden in den sozialen Wohnungsbau investiert. Für den Ausbau der Kinderbetreuung stelle man von 2026 bis 2029 jährlich eine Milliarde Euro zur Verfügung. Kommunale Entschuldung, Bürokratieabbau, Kampf gegen Finanzbetrug 100 Milliarden Euro aus dem SVIK gingen an die Kommunen, damit „Investitionen vor Ort fließen können“. Sein Ministerium arbeite daran, auch bei den kommunalen Altschulden voranzukommen. Der Bund helfe, dass die Kommunen aus der Schuldenspirale herauskommen. Zum Bürokratieabbau sagte der Minister, Verfahren würden beschleunigt, das Leben solle einfacher, unkomplizierter und schneller gemacht werden. Wenn es darum geht, dass der Bund das Geld erhält, „das ihm zusteht“, sei die Gangart verschärft worden. Klingbeil warb dafür, Unternehmen zu stärken, „die sich an die Regeln halten“. Steuerbetrug, internationale Finanzkriminalität und Schwarzarbeit würden bekämpft. Stahl- und Automobilindustrie Besonderes Augenmerk richtete Klingbeil auf die Stahl- und die Automobilindustrie. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass „dreckiger Stahl aus China“ den heimischen Stahl verdrängt. Die Stahlindustrie müsse eine Zukunft in Deutschland haben. Zur Automobilindustrie sagte der Minister, die Zukunft sie „elektrisch“, deshalb müssen der Ausbau der Elektromobilität und der Lade-Infrastruktur gestärkt werden. Die Transformation finde gerade statt. Die Arbeitsplätze müssten eine Zukunft haben. Arbeit sei zentral für Wohlstand und Zusammenhalt im Land. „Der Status quo ist unser Gegner“ Im Haushalt für 2027 gebe es eine Lücke von 30 Milliarden Euro – eine Lücke, die nach Aussage des Ministers gemeinsam geschultert werden muss und bei der „alle ihren Beitrag leisten müssen“. Zugleich betonte Klingbeil die Notwendigkeit, den Sozialstaat, „der sich verändert“, zukunftsfest und effizient zu machen. Er werde zunehmend missbraucht und ausgenutzt. Darauf müsse der Rechtsstaat „in aller Konsequenz und Härte reagieren“. Wenn man dies nicht tue, verliere man an wirtschaftlicher Stärke: „Der Status quo ist unser Gegner“, so Klingbeil. Die Krisen der letzten Jahre hätten ihre Spuren hinterlassen, Reformen seien überfällig. Der Frist dürfe nicht dazu führen, den Populisten das Feld zu überlassen. Der Minister rief dazu auf, sich nicht kleinzumachen „bei dem, was wir alles können“, denn: „Wir leben in einem starken Land mit tollen Menschen.“ Ausgaben in Höhe von 520,5 Milliarden Euro geplant Der Entwurf der Bundesregierung sieht für 2026 Ausgaben in Höhe von 520,5 Milliarden Euro vor. Im Jahr 2025 stehen 502,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Als Investitionen sind 56,1 Milliarden Euro ausgewiesen (2025: 62,7 Milliarden Euro). Als Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Haushaltsjahre sind Mittel in Höhe von insgesamt 430,0 Milliarden Euro eingeplant. 48,0 Milliarden Euro davon sollen 2027 fällig werden. Den Gesamtausgaben stehen Einnahmen in gleicher Höhe gegenüber. Davon entfallen laut Planung 384,0 Milliarden Euro auf Steuereinnahmen (2025: 386,0 Milliarden Euro) und 23,0 Milliarden Euro auf Verwaltungseinnahmen (2025: 27,0 Milliarden Euro). Die Nettokreditaufnahme liegt mit 89,9 Milliarden Euro über dem Vorjahresniveau von 81,8 Milliarden Euro. Die zulässige Kreditaufnahme nach dem Grundgesetz beträgt laut Entwurf 35,6 Milliarden Euro und wird annähernd vollständig in Anspruch genommen. Weitere 97,4 Milliarden Euro Neuverschuldung werden mit der Bereichsausnahme in Artikel 115 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes begründet. Demnach werden bestimmte Ausgaben im Sicherheits- und vor allem im Verteidigungsbereich, die ein Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts des vorangegangenen Jahres überschreiten, von der Schuldenregel des Grundgesetzes ausgenommen. Größte Aufwüchse bei Sozialem und Verteidigung Der größte der 25 Einzeletats ist wie in den Vorjahren der Einzelplan des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Für 2026 sind im Einzelplan 11 Ausgaben in Höhe von 197,4 Milliarden Euro eingeplant – 7,1 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr. Den größten Aufwuchs im Vergleich zu 2025 verzeichnet der Einzelplan 14. Der Etat des Verteidigungsministeriums steigt um 20,3 Milliarden Euro auf 82,7 Milliarden Euro. Darunter fallen 38,5 Milliarden Euro für militärische Beschaffungen. Mit 13,7 Milliarden Euro ist der Haushaltsplan des Bundesministeriums für Verkehr der größte Investitionsetat. Zusätzlichen 21,2 Milliarden Euro (2025: 11,7 Milliarden Euro) für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sollen aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ kommen. Im Finanzplan des Bundes 2025-2029 (21/601) sind – nach einem Rückgang im Jahr 2027 auf 507,5 Milliarden Euro – kräftige Anstiege im Ausgabevolumen geplant. Es soll 2028 bei 546,4 Milliarden Euro und 2029 bei 572,1 Milliarden Euro liegen. Gleichzeitig wird mit einem stetigen Anstieg der Steuereinnahmen gerechnet. Sie sollen 2027 bei 400,6 Milliarden Euro, 2028 bei 412,3 Milliarden Euro und 2029 bei 423,9 Milliarden Euro liegen. Die Nettokreditaufnahme, die 2026 bei 89,9 Milliarden Euro liegt, soll auf 88,1 Milliarden Euro in 2027, 116,5 Milliarden Euro im Jahr 2028 und 126,9 Milliarden Euro im Jahr 2029 steigen. Die Nettokreditaufnahme ohne die Bereichsausnahme soll sich innerhalb der Schuldenregel bewegen. Globale Minderausgabe steigt auf 74 Milliarden Euro im Jahr 2029 In den Finanzplanjahren 2027 bis 2029 wird der Vorlage zufolge die Obergrenze für die Nettokreditaufnahme „nur unter Ausweisung eines haushaltspolitischen Handlungsbedarfs eingehalten“. Im Jahr 2027 beträgt die in der Handlungsbedarfs-GMA (Globale Minderausgabe) ausgewiesene Lücke 34,3 Milliarden Euro. In den Jahren 2028 und 2029 steigt der Handlungsbedarf auf 64 Milliarden Euro respektive 74 Milliarden Euro. Finanzplan des Bundes bis 2029 Klingbeil legt dem Bundestag nicht nur das Haushaltsgesetz 2026, sondern auch den Finanzplan für den Zeitraum bis 2029 vor (21/601). Danach plant die Bundesregierung in den Jahren 2027 bis 2029 Sachinvestitionen und Investitionszuschüsse von „knapp unter 120 Milliarden Euro“ pro Jahr. 2026 sollen die Investitionen bei rund 126,7 Milliarden Euro liegen. Die bereinigte Investitionsquote des Kernhaushalts betrage damit im genannten Zeitraum mindestens zehn Prozent der bereinigten Ausgaben. Aus dem Kernhaushalt sind für die Jahre 2026 bis 2029 Investitionen von 56,1, 48,6, 46,9 und 46,5 Milliarden Euro vorgesehen. Dazu kommen Ausgaben aus dem SVIK in Höhe von 48,9, 47,1, 48,4 und 49,2 Milliarden Euro sowie aus dem KTF von 21,7, 21,7, 23,4 und 23,8 Milliarden Euro. Höhere Ausgaben des Klima- und Transformationsfonds Insgesamt sollen die Ausgaben des KTF von 35,7 Milliarden Euro im Jahr 2026 auf 39,5 Milliarden Euro 2029 steigen. Die Haupteinnahmen stammen dabei mit 27 Milliarden Euro aus der nationalen und europäischen Bepreisung von emittierten Klimagasen. Die Nato-Quote für die Verteidigung soll im kommenden Jahr bei 2,83 Prozent liegen und bis 2029 auf 3,56 Prozent anwachsen. Die Ausgaben für die Bundeswehr im Kernhaushalt steigen demnach von 55 Milliarden Euro auf 144,4 Milliarden Euro (ohne Versorgungsleistungen). Dazu kommen für das Jahr 2026 rund 25,5 Milliarden Euro aus dem 2022 beschlossenen 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen Bundeswehr. Innere Sicherheit und Deutschlandticket Die Ausgaben für die innere Sicherheit sollen im Vergleich zum Jahr 2025 um 660 Millionen Euro steigen. Das Deutschlandticket soll fortgeführt werden. Zugleich werden weitere Steuersenkungen angekündigt, etwa die Erhöhung der Pendlerpauschale oder die Senkung der Umsatzsteuer im Bereich der Gastronomie. Die Obergrenze der Schuldenregel im Grundgesetz soll „in jedem Jahr voll ausgeschöpft“ werden. Die Nettokreditaufnahme des Bundes soll 2026 bei 89,9 Milliarden Euro liegen, in den Jahren 2027 bis 2029 dann bei 88,1, 116,5 und 126,9 Milliarden Euro. Dabei geht ein wesentlicher Teil zurück auf die Ausnahmen der Schuldenbremse für die Verteidigungsausgaben. Im Kernhaushalt liegt die Nettokreditaufnahme den Angaben zufolge 2026 bei 35,6 Milliarden Euro und sinkt bis 2029 auf 4,8 Milliarden Euro. Bei den Zinsausgaben des Bundes kalkuliert die Bundesregierung einen Anstieg von 30 Milliarden Euro in den Jahren 2025 und 2026 auf 66,5 Milliarden Euro im Jahr 2029 ein. Haushaltslücke von 34,4 Milliarden Euro 2027 Trotzdem weist der Finanzplan auf eine Haushaltslücke von 34,4 Milliarden Euro im Jahr 2027 hin. Der „Handlungsbedarf“ werde dann in Jahren 2028 und 2029 auf 64 respektive 74 Milliarden Euro steigen. Größter Anteil im Bundeshaushalt bleibt der Zuschuss an die Gesetzliche Rentenversicherung. Dieser soll von 122,5 Milliarden Euro 2025 auf 154,1 Milliarden Euro 2029 ansteigen. Dabei sind ab 2027 fünf Milliarden Euro pro Jahr für die Mütterrente einkalkuliert.(vom/scr/hau/bal/23.09.2025)