Berechnung der Sitz­verteilung in Ausschüssen und Gremien

Die Zahl der auf die Fraktionen entfallenden Sitze im Ältestenrat und in den Ausschüssen des Bundestages wird mit dem Verfahren der mathematischen Proportionen (St. Laguё/Schepers) berechnet. Gleiches gilt für die Verteilung der Vorsitze in den Ausschüssen sowie für die Besetzung von anderen Gremien, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Dies geht auf einen Antrag von CDU/CSU und SPD zurück, der am Mittwoch, 14. Mai 2025, vom Bundestag gebilligt wurde. Nach Paragraph 12 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages ist unter anderem die Zusammensetzung der Ausschüsse im Verhältnis der Stärke der einzelnen Fraktionen vorzunehmen. Die Norm bildet damit die Grundlage für das im Deutschen Bundestag maßgebliche Proporzverfahren. Neben dem Berechnungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers sind in Einzelfällen auch die Verfahren nach d’Hondt und nach Hare/Niemeyer maßgeblich. Online-Rechner Azur Das Online-Programm Azur berechnet auf Basis dieser verschiedenen mathematischen Verfahren die Anteile, Zugriffe und Reihenfolgen bei der Verteilung von Einheiten entsprechend der Stärke der Fraktionen (und gegebenenfalls Gruppen) im Deutschen Bundestag. Hier gelangen Sie direkt zum Online-Rechner Hat beispielsweise ein Ausschuss die Größe von 40 Mitgliedern, so berechnet Azur die auf die jeweiligen Fraktionen entfallenden Sitze entsprechend dem Proporz der aktuellen Zusammensetzung des Deutschen Bundestages („Anteile“). Über die Funktion „Zugriff“ kann berechnet werden, wann welche Fraktion eine Position besetzen kann. Dies ist insbesondere zu Beginn einer Wahlperiode relevant, falls sich die Fraktionen nicht auf eine Verteilung der Wahlvorschlagsrechte für die Ausschussvorsitzenden verständigen können und diese nach dem Zugriffsverfahren vergeben werden müssen. Das Ergebnis der Berechnung zeigt dann hier, welche Fraktion als erstes (als zweites, als drittes etc.) das Wahlvorschlagsrecht für einen Ausschuss erhält. Die Ausgabe der „Reihenfolgen“ zeigt an, ab welcher Einheit eine Fraktion einen Anteil (zum Beispiel Sitz) erhält. Mitgliederzahl in den Ausschüssen Mit Beschluss von Donnerstag, 15. Mai 2025, hat der Bundestag für die 21. Wahlperiode 24 ständige Ausschüsse eingesetzt. Die Mitgliederzahl in den einzelnen Gremien wurde dabei wie folgt festgelegt: Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (14 Mitglieder), Petitionsausschuss (26), Auswärtiger Ausschuss (42), Innenausschuss (42), Ausschuss für Sport und Ehrenamt (14), Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (38), Finanzausschuss (42), Haushaltsausschuss (42), Ausschuss für Wirtschaft und Energie (42), Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat (30), Ausschuss für Arbeit und Soziales (42), Verteidigungsausschuss (38), Ausschuss für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (38), Ausschuss für Gesundheit (38), Verkehrsausschuss (30), Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (38), Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (14), Ausschuss für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technikfolgenabschätzung (30), Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (18), Ausschuss für Tourismus (14), Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (34), Ausschuss für Kultur und Medien (18), Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung (30), Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen (30). Verfahren nach d’Hondt Das Verfahren nach d’Hondt wurde von dem belgischen Professor der Rechtswissenschaft Victor d´Hondt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Es wurde beim Deutschen Bundestag für die Besetzung der Ausschüsse eingesetzt, bis es am 4. November 1970 (in der 6. Wahlperiode) durch das Verfahren nach Hare/Niemeyer abgelöst wurde. Für die Besetzung einiger besonderer Gremien, zum Beispiel für die Mitglieder kraft Wahl des Richterwahlausschusses, nach dem Richterwahlgesetz, ist das Verfahren nach d´Hondt bis heute (20. Wahlperiode des Deutschen Bundestages) im Einsatz. Dieses überhaupt bisher am häufigsten eingesetzte Verfahren wird auch an anderen Stellen, insbesondere auf der Landesebene, verwendet. Verfahren nach Sainte Laguë/Schepers Mit dem Ziel, die Benachteiligung kleinerer Parteien nach d´Hondt zu vermeiden, wurde von dem Physiker Hans Schepers eine Modifikation entwickelt. Schepers, seinerzeit als Leiter der Gruppe Datenverarbeitung Bediensteter der Verwaltung des Deutschen Bundestages, schlug sein Verfahren dem Bundestag vor, der es seit der 8. Wahlperiode zur Ermittlung der Zugriffsreihenfolge für die Ausschussvorsitze und seit der 9. Wahlperiode auch für die Besetzung der Ausschüsse einsetzt. Schepers entwickelte seine Vorstellungen in der Formulierung der Rangmaßzahlen. Es zeigte sich, dass sein Vorschlag zu identischen Ergebnissen führt wie das im Jahr 1912 von dem Franzosen A. Sainte Laguë vorgeschlagene Verfahren, der sein Modell in Termini der Höchstzahlendarstellung formulierte. Verfahren nach Hare/Niemeyer Das Verfahren wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von dem Engländer Thomas Hare vorgeschlagen und schon für die Besetzung der Ausschüsse im Reichstag verwendet. Im Jahr 1970 brachte der Mathematiker Horst Niemeyer beim Bundestagspräsidenten dieses Verfahren in Erinnerung, das daraufhin vom Deutschen Bundestag für die Besetzung der Ausschüsse und Gremien beschlossen wurde und bis zum Ende der 8. Wahlperiode im Einsatz war. Für die Bundestagswahlen wird seit der 11. Wahlperiode dieses Verfahren für die Umsetzung der Zweitstimmen in Sitze aus den Landeslisten der Parteien angewendet. (ste/15.05.2025)