Anerkennung von beruflicher Handlungsfähigkeit
Der Bundestag entscheidet am Freitag, 14. Juni 2024, über den Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein „Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz“ (20/10857) entscheidet der Bundestag am Freitag, 14. Juni 2024. Für die nach knapp 70-minütiger Debatte anstehende Abstimmung hat der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung eine Beschlussempfehlung vorgelegt (20/11802). Die CDU/CSU-Fraktion legt zu dem Gesetzentwurf einen Entschließungsantrag (20/11819) zur Abstimmung vor. Abgestimmt wird dann auch über den Antrag der Gruppe Die Linke mit dem Titel „Ausbildungsqualität verbessern – Berufsbildungsgesetz umfassend novellieren“ (20/10801). Auch dazu liegt eine Beschlussvorlage des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (20/11802). Gesetzentwurf der Bundesregierung Die Bundesregierung verfolgt mit der Regelung nach eigener Aussage zwei Ziele: Erstens geht es darum, die berufliche Handlungsfähigkeit, die unabhängig von einem formalen Berufsausbildungsabschluss erworben wurde, festzustellen, zu bescheinigen und „im System der beruflichen Bildung anschlussfähig zu machen“. Zweitens sollen „medienbruchfreie digitale (Verwaltungs-)Prozesse“ mit dem Gesetz „konsequent“ ermöglicht werden. Die Bundesregierung sieht das Gesetz als Bestandteil der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung. Geändert werden sollen das Berufsbildungsgesetz, das Registermodernisierungsgesetz, die Handwerksordnung und das Jugendarbeitsschutzgesetz. Digitale Dokumente und Verfahren Konkret ist ein Verfahren vorgesehen, um die individuelle berufliche Handlungsfähigkeit, die einer Berufsausbildung vergleichbar ist („Validierung“), im System der dualen Berufsbildung festzustellen und zu bescheinigen. Darüber hinaus sollen digitale Dokumente und Verfahren in der beruflichen Bildung ermöglicht werden. Dies betrifft laut Bundesregierung etwa eine praxisgerechte, digitale Abfassung der wesentlichen Inhalte des Ausbildungsvertrages oder eines „medienbruchfreien“ Verfahrens für digitale Berichtshefte. Auch soll die Berufsschulnote auf dem Abschlusszeugnis der zuständigen Stellen verbindlich ausgewiesen werden können, um die Rolle der Berufsschulen in der dualen Berufsbildung zu stärken. Zugleich will die Regierung mit dem Gesetz Bürokratie abbauen und berufsschulische Leistungen besser sichtbar machen. Für gemeinsame Berufe mehrerer Berufsbereiche sollen transparente, rechtssichere Regelungen ermöglicht werden, heißt. Zudem soll es einige Klarstellungen aufgrund von Gerichtsentscheidungen geben. Änderungen im Bildungsausschuss Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung änderte den Regierungsentwurf am 12. Juni dahingehend, dass eine Altersuntergrenze von 25 Jahren für das Berufsvalidierungsverfahren festgelegt wird. Diese Altersgrenze soll sicherstellen, dass die Berufsausbildung weiterhin der „primäre Qualifizierungsweg“ bleibt und für Berufseinsteiger keine Qualifizierungsalternative über den reinen Erwerb von Berufspraxis geschaffen wird. Zudem wurde im Ausschuss beschlossen, die „gemeinsame Festlegung von Feststellungsinstrumenten durch die für einen Beruf zuständigen Stellen verpflichtend vorzusehen“, um einheitliche Standards insbesondere bei Berufen, zu sichern und „unnötige Bürokratie“ zu vermeiden. Entschließung geplant Darüber hinaus soll eine Entschließung zum Gesetz beschlossen werden. Danach soll die Bundesregierung aufgefordert werden, den Auf- und Ausbau von Beratungsangeboten und -strukturen für die Durchführung des mit dem Gesetz eingeführten Validierungsverfahrens zu unterstützen, um bundesweite Beratungsmöglichkeiten für Validierungsinteressierte zu ermöglichen und damit Zielgruppen zu erweitern, damit mehr Menschen ohne formale Berufsqualifikation eine Chance zur Verbesserung der eigenen beruflichen Entwicklung erhalten. Zudem sollten vorhandene Beratungsstrukturen stärker genutzt werden. Die Regierung soll den Bedarf an zusätzlichen Fördermöglichkeiten für am Validierungsverfahren interessierte Personen anhand der ersten Erfahrungen nach dem Start des Verfahrens prüfen, um den Zugang zu Validierungsverfahren für Menschen mit geringem Einkommen oder finanziellen Hürden zu ermöglichen und Zielgruppen mittelfristig zu erweitern. Dabei sollen Möglichkeiten der finanziellen Verfahrenskostenunterstützung berücksichtigt werden, beispielsweise in Analogie zum Anerkennungszuschuss zum Anerkennungsgesetz. Das Bildungs- und Forschungsministerium soll dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zum Sommer 2028 über erste Erfahrungen nach dem Start des neuen Feststellungsverfahrens berichten. Antrag der Gruppe Die Linke Die Gruppe Die Linke will die Ausbildungsqualität bei der dualen Ausbildung verbessern und fordert deshalb eine Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG). In ihrem Antrag (20/10801) spricht sich die Gruppe für verbindliche Regelungen im BBiG aus, „die die Schutz- und Mitbestimmungsrechte der Auszubildenden deutlich verbessern“. Aus Sicht der Linken-Abgeordneten ist die Lage in der beruflichen Bildung in einem „dramatischen Zustand“. Die Novellierung von 2019 / 2020 habe sie „nicht ausreichend gestärkt und nicht krisensicher gemacht“, heißt es in der Vorlage. Eine weitere Novellierung sei daher dringend geboten. Linke will Mindestausbildungsvergütung erhöhen Von der Bundesregierung fordert die Gruppe, im Zuge einer BBiG-Novellierung eine Reihe von Grundsätzen zu verankern beziehungsweise analog in der Handwerksordnung anzupassen. So solle etwa in Paragraf 17 des BBiG die Mindestausbildungsvergütung branchenübergreifend auf 80 Prozent der in Tarifverträgen vereinbarten durchschnittlichen Ausbildungsvergütung angehoben werden. Auch sollen die Regelungen und Schutzbestimmungen des BBiG nach dem Willen der Linken auf die betrieblichen Ausbildungsphasen dualer Studiengänge und schulisch-betrieblicher Ausbildungsgänge ausgeweitet werden. Ferner spricht sich die Gruppe unter anderem dafür aus, die dreimonatige Ankündigungsfrist bei beabsichtigter Nichtübernahme auf alle Auszubildenden auszuweiten, die betriebliche Mitbestimmung, vor allem die Jugend- und Auszubildendenvertretungen, zu stärken und barrierefreie Beschwerdestellen bei den Berufsbildungsausschüssen einzurichten. (vom/bal/irs/hau/13.06.2024)