Strafbarkeit unzulässiger Interessenvertretung von Abgeordneten beschlossen
Der Bundestag hat am Donnerstag, 25. April 2024, einen Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Änderung des Strafgesetzbuches (20/10376) angenommen. Dabei geht es um die Strafbarkeit der unzulässigen Interessenwahrnehmung. Für den Gesetzentwurf stimmten die Koalitionsfraktionen und die AfD. Die CDU/CSU-Fraktion und die Gruppe Die Linke enthielten sich. Der Rechtsausschuss hatte dazu eine Beschlussempfehlung (20/11177) vorgelegt. Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen Abgeordnete, die das Prestige ihres Mandates nutzen, um gegen Bezahlung für Dritte Einfluss auf etwa Bundesministerien auszuüben, sollen sich künftig strafbar machen. Danach drohen sowohl dem Abgeordneten als auch dem Vorteilsgeber eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Hintergrund der Änderung ist unter anderem die sogenannte Maskenaffäre im Bundestag aus der vergangenen Wahlperiode. Einem ehemaligen Abgeordneten der CSU war vorgeworfen worden, sich gegen Provisionszahlung bei einem Bundesministerium für ein Schutzausrüstungsunternehmen eingesetzt zu haben. Gegen den Abgeordneten wurde nach Bekanntwerden des Vorganges wegen des Verdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern (Paragraf 108e des Strafgesetzbuches) ermittelt. Der Bundesgerichtshof stellte aber später fest, dass das in Rede stehende Verhalten nicht unter diesen Tatbestand fällt. Davon sind laut Bundesgerichtshof nur konkrete parlamentarische Handlungen wie Abstimmungen oder Reden im Plenum umfasst. Neuer Paragraf 108f im Strafgesetzbuch Mit dem Gesetzentwurf soll diese Strafbarkeitslücke im Strafgesetzbuch mit einem neuen Paragrafen 108f („Unzulässige Interessenwahrnehmung“) geschlossen werden. Die Regelung gilt demnach für Mitglieder einer Volksvertretung des Bundes oder Länder, des Europaparlaments sowie Mitglieder der parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation. Letzteres meint etwa die Parlamentarische Versammlung des Europarates. Strafbar macht sich ein Mandatsträger danach grundsätzlich, wenn er für sich oder einen Dritten einen „ungerechtfertigten Vermögensvorteil“ fordert oder annimmt beziehungsweise versprechen lässt, „dass er während seines Mandats zur Wahrnehmung von Interessen des Vorteilsgebers oder eines Dritten eine Handlung vornehme oder unterlasse“. Weitere Voraussetzung ist, dass die betroffene „entgeltliche Interessenwahrnehmung die für die Rechtsstellung des Mandatsträgers maßgeblichen Vorschriften verletzen würde“. Für Bundestagsabgeordnete sind solche Vorschriften in Paragraf 44a des Abgeordnetengesetzes geregelt. Änderungen am Gesetzentwurf Der Ausschuss passte auf Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen unter anderem die Begründung des Gesetzentwurfs an. Hier soll nun klarer dargestellt werden, was mit „während des Mandates“ gemeint ist. Eine weitere, sachfremde Änderung bezieht sich auf das Lobbyregistergesetz. Laut Begründung des Änderungsantrags handelt es sich um ein „redaktionelle Korrektur“. Mit dem Gesetzentwurf reagiert die Koalition laut Begründung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abgeordnetenbestechung, die in Paragraf 108e des Strafgesetzbuchs geregelt ist. Der Bundesgerichtshof hatte in einem Beschluss vom 5. Juli 2022 (Aktenzeichen: StB 7-9) festgehalten, dass sich die Strafbarkeit der entgeltlichen Vertretung von Interessen „bei der Wahrnehmung des Mandats“ auf „das Wirken […] im Parlament, mithin im Plenum, in den Ausschüssen oder sonstigen parlamentarischen Gremien einschließlich der Fraktionen oder in mit Abgeordneten besetzten Kommissionen […]“ beschränke. Tätigkeiten außerhalb davon seien selbst dann nicht davon erfasst, „wenn ein Mandatsträger dabei seine auf sein Mandat zurückgehenden Kontakte und Beziehungen ausnutzt“, wie in der Begründung ausgeführt wird. Aus Sicht der Koalition ist dieses Verhalten aber „strafwürdig“. Verquickung von monetären Interessen und Mandat Mandatsträger verfügten aufgrund ihrer Stellung häufig über „besondere Verbindungen und privilegierten Zugang zu den ihrer parlamentarischen Kontrolle unterliegenden Ministerien, Behörden und sonstigen Stellen“. Damit bestehe ein Risiko der „Kommerzialisierung der entsprechenden Einflussmöglichkeiten“ und einer „Verquickung von monetären Interessen und dem Mandat“, schreibt die Koalition. „Wenn Mandatsträger die ihnen im Interesse des Allgemeinwohls anvertraute Position durch Einflusshandel derart zum eigenen Vorteil ausnutzen, kann dies das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie und ihre Mandatsträger unterlaufen“, heißt es weiter. (vom/scr/25.04.2024)