Experten unterstützen Wassermanagement in der Lausitzregion

Um Wege zur Sicherung des Wassermanagements der Spree und deren Nebenflüsse vor dem Hintergrund des Kohleausstiegs ging es in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz am Mittwoch, 21. Februar 2024. Der Anhörung zugrunde lag ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/7585), in dem wegen drohender Wasserknappheit in der Spree nach dem Kohleausstieg in der Lausitz ein Wassermanagementkonzept für die Region gefordert wird. Darin wird auf das Ergebnis einer Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) verwiesen, wonach nach dem gesetzlich festgelegten Ende der Braunkohleförderung im Lausitzer Revier im Jahr 2038 die Spree „örtlich bis zu 74 Prozent weniger Wasser“ führen könnte. Die Sachverständigen unterstützten das Ziel des Antrags und schlugen eine Reihe von Maßnahmen wie Wasserspeicherung und -überleitung vor. Die Fragen der Abgeordneten betrafen vor allem diese Maßnahmen, aber auch die vorhandene Datenlage und die Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Wasserwirtschaftlichen Herausforderungen Prof. Dr. Irina Engelhardt von der Technischen Universität Berlin erklärte in ihrer schriftlichen Stellungnahme, angesichts der wasserwirtschaftlichen Herausforderungen in Braunkohlefolgelandschaften sei es sehr zu begrüßen, dass diese Aufgaben nun mit Nachdruck angegangen werden sollen und der Antrag der CDU/CSU diese wichtige Aufgabe aufgreift. Die Sachverständige gab einen Überblick über die aktuelle hydro(geo)logische und wasserwirtschaftliche Situation in der Lausitz und schlug einen Maßnahmenkatalog vor. Es sei absehbar, dass die etablierte Methode, die Tagebaurestlöcher über die Fließgewässer im Einzugsgebiet – Spree, Schwarze Elster – zu fluten, zukünftig nicht mehr möglich sein wird. Zum Ausgleich schlug sie unter anderem den Umbau der Bergbaufolgeseen in Speicher und die Überleitung von Fremdwasser, zum Beispiel Fluss- bzw. Niederschlagswasser aus anderen Einzugsgebieten vor. Eugen Nowak vom Verein Nationale Naturlandschaften machte in seiner Stellungnahme auf das besondere Schutzgut Unesco-Biosphärenreservat Spreewald aufmerksam. Dieses einzigartige Feuchtgebiet verdunste in heißen Sommerzeiten zwar eine erhebliche Menge an Spree-Wasser – dies sei jedoch ein natürlicher Prozess, der gleichzeitig eine Reihe von Ökosystemdienstleistungen des Spreewaldes – von Naturschutz bis Tourismus – erst möglich mache. Um diese dauerhaft zu erhalten, müsse der Spreewald weiter als Feuchtgebiet erhalten werden. Erforderliche Maßnahmen wie die Anpassung der Gewässer-Dimensionen an die künftigen Wassermengen lägen überwiegend in der Zuständigkeit des Landes Brandenburg. Finanzielle Bundesmittel spielten jedoch eine wichtige Rolle bei Renaturierung- und Umbaumaßnahmen an Gewässern. Er würde auch davon abraten, die Ergebnisse der Studie „Wasserwirtschaftliche Folgen des Braunkohleausstieges in der Lausitz“ pauschal anzuerkennen. Wiederauffüllung des Grundwasserdefizits Dr. Martin Pusch vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei betonte als dritter der von der SPD-Fraktion für die Anhörung vorgeschlagenen Sachverständigen die Notwendigkeit der Wiederauffüllung des Grundwasserdefizits nach dem Ende des Braunkohlebergbaus. Dies werde erschwert durch die dauerhaft verringerte Spree-Wasserführung wegen Verdunstungsverlusten der Lausitzer Seenplatte sowie wegen des Klimawandels und mehr landwirtschaftlicher Bewässerung. Grundlegendes Ziel sei ein funktionierendes Flussökosystem der Spree als Basis für alle Ökosystemleistungen und die vielen davon abhängigen regionalen Nutzungen. Zur Lösung des Problems sei das Zusammenwirken mehrerer Fachgebiete erforderlich. Zu den Elementen einer zukunftsfähigen Wasserwirtschaft in der Lausitz gehörten die Speicherung saisonaler Wasserüberschüsse, die Minimierung des in die Elbe abfließenden Hochwasservolumens und die Priorisierung der Speicherfunktion von ehemaligen Tagebaurestlöchern gegenüber Nutzungen. Ingolf Arnold vom Wasser-Cluster-Lausitz führte in seiner Stellungnahme aus, dass sich der Transformationsprozess vom bisher bergbaugeprägten Wasserdargebot der Spree zu einem natürlichen Wasserdargebot bis ans Ende dieses Jahrhunderts erstrecken und in Kombination mit den Wirkungen des fortschreitenden Klimawandels ein nachbergbaulich dauerhaftes Wasserdefizit im regionalen Wasserhaushalt der Spree hinterlassen werde. Dieses Wasserdefizit lasse sich nur durch Wasserüberleitungen aus benachbarten Flussgebieten, vor allem aus der oberen Elbe, in Kombination mit dem Ausbau der wasserwirtschaftlichen Speicher im Spreegebiet zukunftssicher ausgleichen. Aus seiner Sicht sollten die wasserpolitischen Grundsatzentscheidungen in Anbetracht der langen Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungszeiträume und des ambitionierten Kohleausstiegszeitplan in den nächsten drei Jahren getroffen werden. Dies bedürfe auch der aktiven Mitwirkung des Bundes. Auswirkungen auf Berliner Trinkwasser Dr. Jens Burgschweiger von den Berliner Wasserbetrieben wies darauf hin, dass die Spree maßgebliche Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und Qualität des Berliner Trinkwassers habe. So habe die aus der Absenkung des Grundwasserspiegels im Umfeld der Tagebaue resultierende Belastung der Spree mit Sulfat negative Folgen bis nach Berlin. Die mit dem Ende des Kohleabbaus verbundenen Maßnahmen würden zu einer signifikanten Verringerung des Abflusses der Spree nach Berlin führen. Der Anteil des gereinigten Abwassers werde deutlich ansteigen, und in der Folge werde sich die Konzentration von Spurenstoffen erhöhen. Daher müssten Verdunstungsverluste und damit die Flächen der Tagebaurestseen, die nicht als Speicher dienen, minimiert werden. Zudem benötige das System Wasserüberleitungen, und der Strukturwandel in der Lausitz müsse den wasserwirtschaftlichen Bedingungen Rechnung tragen. Wolfram Kritzner von der Ingenieurbüro für Wasser und Boden GmbH führte als dritter der auf Vorschlag der Unionsfraktion teilnehmenden Experten in seiner Stellungnahme aus, dass die UBA-Studie neben einem Speicherdefizit ein mittleres nachbergbauliches Wasserdefizit für die Spree von 63 Millionen Kubikmetern pro Jahr ausgewiesen, welches nur durch Wasserüberleitungen aus anderen Flusseinzugsgebieten zukunftssicher gedeckt werden könne. Vorzugslösung sei die Überleitung aus der Elbe, sagte Kritzner, der auch auf die technischen Details einer solchen Lösung einging. Allein diese Lösung könne alle wasserwirtschaftlichen Speicher im Spreegebiet bedienen. Die Wasserentnahme aus der Elbe erfolge nur bei Überschreitung eines definierten Mindestabflusses. Für die Bewertung der Genehmigungsfähigkeit der Überleitung müssten vielfältige Aspekte, wie konkurrierende geplante Wasserbedarfe der Industrie, beachtet werden. Wasserüberleitungen mitdenken Auf Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nahm Simon Christian Henneberg vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg an der Anhörung teil. Im Vordergrund der gemeinsamen Überlegungen sollten Grundprinzipien wie das Verursacherprinzip – hier stehe der Bergbau in der Pflicht – die Wassernutzung sollte sich am Wasserdargebot orientieren und die Wasserwirtschaft sei nicht per se derjenige, der Wasser für die Nutzung bereitstellt. Gleichwohl würden im Sinne des Gemeinwohls und zur Erfüllung der Daseinsfürsorge alle notwendigen Planungen und Investitionen von der Wasserwirtschaft übernommen. Oberstes Ziel sollte Wassersparen sein, so Henneberg. Sollte Wasser nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, seien selbstverständlich Wasserrückhaltungen in Speichern anzulegen, und auch Wasserüberleitungen seien mitzudenken, mit all ihren Konsequenzen. Wenn der volkswirtschaftliche Nutzen größer als der Schaden sei, sei dies ein probates Mittel. Heike Herrmann vom Verband kommunaler Unternehmen verwies ebenfalls auf den steigenden Sulfatgehalt insbesondere der Spree, was die Einhaltung des Grenzwertes der Trinkwasserverordnung massiv gefährde. Da aber auch langfristig die Spree und ihre Nebenflüsse sowie die Tagebaurestseen zur Trinkwassergewinnung genutzt würden, seien die Belange der sicheren und kostengünstigen Trinkwasserversorgung im Gesamtkomplex zu priorisieren. Mehraufwendungen für die Gewinnung und Aufbereitung von Trinkwasser müssten verursachergerecht umgelegt werden und dürften Verbraucher nicht zusätzlich belasten. Von vornherein seien deshalb bei den konzeptionellen Überlegungen zum Braunkohleausstieg Maßnahmen, welche die Trinkwassergewinnung aus Spreewasser ablösen, mitzukonzipieren und zu fördern, sagte Hermann, die auf Vorschlag der FDP-Fraktion teilnahm. Mehraufwendungen für die Gewinnung und Aufbereitung von Trinkwasser müssten verursachergerecht umgelegt werden und dürften Verbraucher nicht zusätzlich belasten. Prioritäre Aufgabe der Politik Michael Nitschke, der als Einzelsachverständiger von der AfD nominiert worden war, machte wie die Sachverständigen vor ihm auf die vielfältigen Herausforderungen des Wassermanagements in der Lausitz aufmerksam. Eine Entspannung des Wasserhaushalts, insbesondere der Spree, sei auf natürliche Weise nicht absehbar, betonte er. Eine prioritäre Aufgabe der Politik sollte es sein, so Nitschke, einen stabilen und zweckdienlichen Organisations- und Handlungsrahmen für die länderübergreifende Wasserbewirtschaftung der Spree, der Schwarzen Elster und der Lausitzer Neiße zu bieten. Mit Blick auf die Studie über die wasserwirtschaftlichen Folgen des Braunkohleausstiegs in der Lausitz meinte Nitschke, es schienen unterschiedliche Auffassungen bei den Beteiligten darüber zu bestehen, ob diese eine Entscheidungsgrundlage bieten, könnte und in welchem Zeitrahmen ein Gesamtkonzept aufzustellen ist. Hier bestehe offensichtlich Koordinierungsbedarf. Unter diesen Gesichtspunkten sei der Antrag der Unionsfraktion zu begrüßen. Antrag der Union Vor dem Hintergrund drohender Wasserknappheit in der Spree nach dem Kohleausstieg in der Lausitz fordert die CDU/CSU-Fraktion ein Wassermanagementkonzept für die Region. In einem Antrag (20/7585) verweist sie auf das Ergebnis einer Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA), wonach nach dem gesetzlich festgelegten Ende der Braunkohleförderung im Lausitzer Revier im Jahr 2038 die Spree „örtlich bis zu 74 Prozent weniger Wasser“ führen könnte. Aktuell speise sich laut Brandenburger Umweltministerium das Wasser der Spree zu 40 Prozent aus dem Grubenwasser der Tagebaue. Nicht nur der Pegel der Spree, sondern auch die der Nebenflüsse Schwarze Elster und Lausitzer Neiße könnten ohne das bislang abgeleitete Grubenwasser sinken. Die Folgen für die Trinkwasserversorgung in Berlin sowie für die Tourismusregion Spreewald seien gravierend, heißt es im Antrag der Fraktion. Ein „Trockenfallen“ der Spree müsse verhindert werden. Konkret verlangt die Fraktion von der Bundesregierung unter anderem, die Ergebnisse der UBA-Studie anzuerkennen und auf deren Grundlage gemeinsam mit den betroffenen Bundesländern Berlin, Brandenburg und Sachsen ein Wassermanagementkonzept inklusive „qualifizierter Kostenschätzung“ für die Spree und ihre Nebenflüsse vorzulegen. Die Bundesregierung solle zudem „jegliche Optionen“ überprüfen, um das zu erwartende Wasserdefizit auszugleichen und die Schaffung zusätzlicher Wasserspeicher im Spreegebiet anzuschieben. Nötig sei die Aufstockung der Speichervolumina auf 180 Kubikmeter, schreiben die Abgeordneten, um das zu erwartende jährliche Defizit von 60 Kubikmeter auszugleichen. Entscheidungen müssten auf der Grundlage von „Machbarkeit, Finanzierbarkeit und der Auswirkungen auf das Gesamtökosystem“ getroffen werden. (mwo/sas/21.02.2024)