Bundestag stimmt Gesetz zur Verbesserung von Rückführungen zu

Mit der Mehrheit der Stimmen von SPD, FDP und – mit einzelnen Ausnahmen – Bündnis 90/Die Grünen hat der Bundestag am Donnerstag, 18. Januar 2024, das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz (20/9463, 20/9642) beschlossen, dessen Kern erweiterte Durchsuchungsmöglichkeiten und eine Ausdehnung des Ausreisegewahrsams sind. Die Fraktionen von CDU/CSU und AfD stimmten gegen das zuvor im Innenausschuss noch in Teilen geändert Gesetz (20/10090). Mehrheitlich abgelehnt wurde hingegen ein Entschließungsantrag (20/10091), den die Unionsfraktion zu dem Regierungsentwurf eingebracht hatte. Darin kritisierten die Abgeordneten das Gesetz als nicht ausreichend und forderten unter anderem, die gesetzlichen Kompetenzen der Bundespolizei für Rückführungen auszuweiten und die Möglichkeit, Asylanträge von illegal Eingereisten abzulehnen. Gesetzentwurf der Bundesregierung Die Fortdauer und die Anordnung von Abschiebungshaft soll künftig unabhängig von etwaigen Asylantragstellungen möglich sein, auch bei Folgeanträgen. Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote werden laut Gesetz als eigenständiger Haftgrund außerhalb der Fluchtgefahr im Rahmen der Sicherungshaft geregelt; zudem ist ein behördliches Beschwerderecht für den Fall der Ablehnung des Abschiebungshaftantrags vorgesehen. Beim Ausreisegewahrsam sieht das Gesetz vor, dessen Höchstdauer von derzeit zehn auf 28 Tage zu verlängern, um effektiver als bisher ein Untertauchen des Abzuschiebenden zu verhindern. Reduziert werden sollen die Fälle, in denen Staatsanwaltschaften bei Abschiebungen aus der Haft zu beteiligen sind. Auch sollen Abschiebungen nicht mehr angekündigt werden müssen, sofern nicht Familien mit Kindern unter zwölf Jahren betroffen sind. Identitätsklärung soll erleichtert werden Die Suche nach Daten und Dokumenten zur Identitätsklärung soll erleichtert werden, ebenso das Auffinden abzuschiebender Personen. Dazu sollen die Behörden auch andere Räumlichkeiten als das Zimmer des abzuschiebenden Ausländers in einer Gemeinschaftsunterkunft betreten können. Vorgesehen ist ferner, dass Widerspruch und Klage gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Wohnsitzauflagen und räumliche Beschränkungen sollen ebenfalls künftig von Gesetzes wegen sofort vollziehbar sein. Daneben enthält das Gesetz weitere Maßnahmen etwa zur erleichterten Abschiebung von Straftätern und Gefährdern. Für den Bereich der Organisierten Kriminalität soll ein Ausweisungstatbestand geschaffen werden, der an die Angehörigkeit zu Strukturen der Organisierten Kriminalität anknüpft und unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung ausgestaltet ist. Erleichtert werden soll die Ausweisung von Schleusern. Änderungen im Innenausschuss Mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hatte der Innenausschuss zuvor einen Änderungsantrag der drei Koalitionsfraktionen angenommen, wonach Minderjährige und Familien mit Minderjährigen „grundsätzlich nicht in Abschiebehaft genommen“ werden sollen. Ausnahmen soll es der Begründung zufolge etwa bei minderjährigen Gefährdern oder Jugendstraftätern geben können. Ferner soll Betroffenen in Verfahren zur Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam ein Pflichtverteidigung zur Seite gestellt werden. Zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität ist eine Verschärfung der bisherigen Strafandrohungen für entsprechende Delikte vorgesehen. Zugleich wird klargestellt, dass die Rettung Schiffbrüchiger auch künftig nicht strafbar ist. Niedrigeren Asylbewerberleistungen Asylbewerber sollen der Vorlage zufolge künftig drei Jahre statt 18 Monate lang die niedrigeren Asylbewerberleistungen erhalten. Ausländern, die in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen verpflichtet sind, soll die Aufnahme einer Beschäftigung bereits nach sechs statt nach neun Monaten ermöglicht werden. Die Erlaubnis zur Beschäftigung geduldeter Ausländer soll nicht mehr im freien Ermessen der Ausländerbehörde stehen. Damit soll ein Gleichklang mit der Regelung für Geduldete hergestellt werden, die verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Die geforderte Vorbeschäftigungszeit vor der Erteilung einer „Beschäftigungsduldung“ will die Koalition von 18 auf zwölf Monate senken und das wöchentliche Mindestmaß der Beschäftigung von 35 auf 20 Stunden reduzieren. Damit mehr Menschen von der Beschäftigungsduldung profitieren können, soll der bisherige Stichtag für die Einreise bis zum 1. August 2018 auf Ende 2022 verlegt werden. Stellungnahme des Bundesrats Der Bundesrat begrüßte in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf, „dass die Voraussetzungen für das Betreten von Wohnungen Dritter und gemeinschaftlich genutzter Räumlichkeiten konkretisiert wurden“. Zugleich bat er im Hinblick auf die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, im Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwieweit die zutreffenden Ausführungen der Einzelbegründung unmittelbar im Gesetzeswortlaut verankert werden könnten. Gesetzlich klargestellt werden sollte der Stellungnahme zufolge, dass bei dem Betreten von Wohnungen Dritter und gemeinschaftlich genutzter Räumlichkeiten die Belastungen von Minderjährigen, Familien mit Minderjährigen und weiterer besonders schutzbedürftiger Personengruppen besonders zu berücksichtigen sind. In ihrer Gegenäußerung führte die Bundesregierung dazu aus, dass in der Begründung zum Gesetzentwurf bereits ausdrücklich auf die Belastungen von Minderjährigen, Familien mit Minderjährigen und weiterer besonders schutzbedürftiger Personengruppen, die im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung besonders zu berücksichtigen sind, hingewiesen werde. (sto/ste/18.01.2024)